Politik

Appell an Finanzministerium Pendler-Einsprüche erwartet

Nach den Zweifeln des Bundesfinanzhofs an der Kürzung der Pendlerpauschale machen auch Koalitionspolitiker wieder Front gegen die Verschlechterungen für Arbeitnehmer. Angesichts möglicher Verfassungsprobleme sollten die seit Jahresbeginn geltenden Einschnitte korrigiert werden, forderte SPD- Finanzexperte Reinhard Schultz. Der Thüringer SPD-Chef Christoph Matschie verlangte eine Gleichbehandlung aller Pendler. Die Pauschale sollte wieder vom ersten Kilometer an gezahlt werden. Die Steuergewerkschaft forderte, alle Steuerbescheide für 2007 als "vorläufig" einzustufen. Ansonsten drohe eine Flut von Widersprüchen.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hält die Kürzung der Pendlerpauschale trotz der Zweifel des Bundesfinanzhofes für verfassungsgemäß. Bestätigt sieht er sich dadurch, dass "drei von fünf Finanzgerichten entschieden haben, dass es verfassungskonform ist, die Fahrtkosten zur Arbeit nicht mehr als Werbungskosten anzusehen und nur noch in Härtefällen ab 20 km unter die Arme zu greifen", sagte er der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen".

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte ernste Zweifel an der Neuregelung der Pendlerpauschale geäußert. Nach der Kürzung können Berufspendler Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeit erst vom 21. Kilometer an steuerlich geltend machen. Dagegen haben Bürger geklagt. Nach dem Beschluss des obersten Steuergerichts in München könnten sich nun Arbeitnehmer zumindest die frühere, ungekürzte Pauschale vom ersten Kilometer an auf der Lohnsteuerkarte für 2007 eintragen lassen.

Pendlerpauschale vor dem Aus?

Das letzte Wort hat aber das Bundesverfassungsgericht, das voraussichtlich im nächsten Jahr entscheiden wird. Karlsruhe kann die Neuregelung kippen, aber auch gegen die Kläger entscheiden. Am Ende könnte die Pendlerpauschale sogar ganz abgeschafft werden.

Der Chef der Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek warnte in der "Bild"-Zeitung, "wenn bis zum kommenden Jahr offen bleibt, ob die Kürzung rechtmäßig ist, wird es 20 Millionen Einsprüche geben". Der "Neuen Presse" sagte er, "es wäre am besten, das Gesetz zu korrigieren." Schultz sagte der "Berliner Zeitung", schon bei Verabschiedung des Gesetzes habe es auch in der Koalition viele Stimmen gegeben, die vor Verfassungsproblemen gewarnt hätten.

Bund und Länder wollen nächste Woche erörtern, wie die Finanzämter die Frage der Freibeträge auf den Lohnsteuerkarten behandeln sollen. Bisher akzeptieren sie nur die gekürzte Pauschale. Bei Anträgen auf Lohnsteuerermäßigung lehnen sie die alte, höhere Kilometerzahl ab.

Rat der Steuerexperten

Einige Steuerexperten raten, dass Arbeitnehmer rückwirkend einen Freibetrag auf ihrer Lohnsteuerkarte für 2007 eintragen lassen sollen. Dies birgt allerdings ein finanzielles Risiko: Wenn die Verfassungsrichter die Neuregelung bestätigen, müssten diese Arbeitnehmer Geld zurückzahlen. Bürger könnten auch erst im nächsten Jahr die Aufwendungen nach altem Recht abrechnen und dann Einspruch gegen die erwartete negative Entscheidung des Finanzamtes einlegen.

Für die Neuregelung wurde das "Werkstorprinzip" eingeführt, nach dem Aufwendungen für den Weg zur Arbeit zum Privatbereich gehören und so nicht steuerlich geltend gemacht werden können. Um Härten zu vermeiden, können Fernpendler vom 21. Kilometer an 30 Cent je Kilometer ansetzen. Experten verweisen darauf, dass die Fahrtkosten auch "privat veranlasste" Aufwendungen seien, da der Wohnort entsprechend der privaten Wünsche gewählt werde. Der Gesetzgeber könne daher festlegen, wo die "Sphäre der Berufstätigkeit" beginne.

Nach früheren Angaben des Finanzministeriums dürften viele Arbeitnehmer von der gekürzten Pauschale gar nicht betroffen sein. Durch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag sei jede Entfernung zur Arbeit bis 13,9 Kilometer abgedeckt. Für Fernpendler gebe es die Härteregel.

Quelle: ntv.de

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