Politik

US-Raketenschild Pentagon wird konkret

Die USA rechnen von 2011 an mit der Einrichtung ihres umstrittenen Raketenabwehrsystems in Osteuropa. Wenn binnen eines Jahres entsprechende Abkommen geschlossen würden, könnte innerhalb der folgenden drei Jahre die erste der insgesamt zehn Abwehrraketen in Polen stationiert werden, sagte der Chef der US-Raketenabwehr im Pentagon, Generalleutnant Henry Obering, in Washington. Zwei Jahre später könne das Arsenal dann komplett sein. In Tschechien soll nach den US-Plänen Radartechnologie installiert werden. Obering wies Befürchtungen Moskaus zurück, das System sei gegen Russland gerichtet.

Nach den russischen Drohgebärden der vergangenen Tage im Streit um die geplante Raketenabwehr riefen unterdessen alle Seiten zu einem ruhigen Dialog auf. Das in den frühen 1990er Jahren gewachsene System der Rüstungskontrolle dürfe nicht beschädigt werden, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Berlin. Bei einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow bot Steinmeier seine Hilfe an, um die Debatte ohne "anti-amerikanische oder anti-russische Reflexe" zu führen.

Russische Generäle hatten zuletzt mit dem Ausstieg aus Abrüstungsverträgen gedroht, wenn die USA in Polen und Tschechien Abwehrraketen beziehungsweise Radartechnologie installieren sollten. In Moskau bekräftigte der US-Sicherheitsberater Stephen Hadley ebenfalls, das System richte sich nicht gegen Russland, sondern gegen potenzielle Raketenangriffe des Irans. Wie tags zuvor US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte Hadley, Russland sei mehrfach in die Pläne eingeweiht worden.

Außenminister Lawrow verwies darauf, dass es im NATO-Russland-Rat Unterbrechungen bei den Beratungen über die Raketenabwehr gegeben habe. "Diese stimmen zeitlich überein mit dem Beschluss der Vereinigten Staaten, Elemente ihres nationalen Raketensystems in Osteuropa zu stationieren", sagte Lawrow. Auch Steinmeier hatte in den vergangenen Tagen kritisiert, Moskau sei nicht ausreichend über die US-Pläne unterrichtet worden.

Die Regierung des NATO-Mitgliedslandes Norwegen lehnte das amerikanische Vorhaben komplett ab. Verteidigungsministerin Anne-Grete Strm Erichsen erklärte in der Zeitung "Aftenposten" (Oslo): "Bei den bevorstehenden Beratungen wird unsere Grundhaltung sein, dass wir die Art von Raketenabwehr ablehnen, wie die USA sie planen." Norwegen sei "sehr skeptisch", weil das System die Gefahr eines neuen Rüstungswettlaufs berge.

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana verneinte dagegen das Risiko eines Wettrüstens. "Ich glaube nicht, dass das das Ziel irgendeines Beteiligten ist -nicht der Amerikaner, nicht der Russen, nicht der Europäer." Es gebe eine "Empfindsamkeit der Russen" wegen der Anlagen nahe ihrer Grenze. "Es ist nach meiner Meinung jetzt erforderlich, dass es Gespräche zwischen Russen und Amerikanern geben wird, um wieder ein Vertrauensverhältnis herzustellen. Das ist notwendig", sagte Solana.

Fast jeder zweite Russe (49 Prozent) fühlt sich einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage zufolge vom Ausland militärisch bedroht. Vor zehn Jahren hätten nur 33 Prozent sich bedroht gesehen, teilte das unabhängige Lewada-Institut in Moskau mit.

Quelle: ntv.de

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