Krieg als Wahlkampfhilfe? Persönliche Anwürfe
29.08.2008, 00:40 UhrDie US-Regierung erwägt vor dem Hintergrund des Kaukasus-Konflikts, Pläne für eine Zusammenarbeit mit Russland im zivilen Atombereich aufzugeben. "Es gibt da noch nichts anzukündigen, aber ich weiß, dass das diskutiert wird", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, in Washington. Russland und die USA hatten im Mai ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet, das aber noch vom US-Kongress gebilligt werden muss. Die Vereinbarung erlaubt unter anderem russischen und amerikanischen Firmen gemeinsame zivile Nuklearprojekte sowie den Verkauf von atomarem Material, Atommeilern und Reaktorteilen aus den USA an Russland.
US-Manipulation im Kaukasus?
Das Weiße Haus wies derweil Vorwürfe des russischen Regierungschefs Wladimir Putin scharf zurück, nach denen die USA den Kaukasus-Konflikt manipuliert hätten. "Anwürfe, die USA hätten ihn angefacht, sind völlig gegenstandslos und aberwitzig. So einfach ist das", sagte der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Robert Wood. Moskau müsse die Besatzung Georgiens beenden und sich an die Waffenstillstandsvereinbarung vom 11. August halten, um den Konflikt zu beenden. Russland solle "aufhören, andere für die Aggression verantwortlich zu machen, die es gegenüber einem Nachbarland gezeigt hat", sagte der Sprecher weiter.
Putin hatte in einem Interview des US-Senders CNN gesagt, die Regierung von Präsident George W. Bush habe Georgiens Führung dazu ermuntert, die Region Südossetien anzugreifen. Dies sei geschehen, um einem US-Präsidentschaftskandidaten zu nützen. Im Kampfgebiet hätten sich Amerikaner aufgehalten, die "Anweisungen ihrer Führer" umgesetzt hätten, sagte Putin dem Nachrichtensender CNN. "US-Bürger waren in der Tat im Krisengebiet", so Putin. "Sie setzten diese Befehle um und taten, was ihnen befohlen worden war, und der einzige, der solche Befehle geben kann, ist ihr Führer."
Putin nannte in dem Interview aber keinen Namen. Um das Amt des US-Präsidenten bewerben sich der Republikaner John McCain und für die Demokraten Barack Obama. McCain hat zuletzt in Umfragen aufgeholt. Allgemein wurde dies der Georgien-Krise zugeschrieben, in der McCain mit seinem Image als erfahrener Außenpolitiker punkten konnte.
Am Donnerstag hatte bereits der SPD-Vordenker Erhard Eppler im Gespräch mit n-tv.de angedeutet, McCains Wahlkampf könne ein Motiv für den georgischen Angriff auf Südossetien sein (siehe Link).
"Vorbereitete Aggression"
Unterdessen hat Russland der georgische Präsident Michail Saakaschwili die Ansicht vertreten, Russland habe den Einmarsch in Georgien von langer Hand vorbereitet. "Das war eine sehr wohl geplante Aggression", sagte er im ZDF. Als Beleg führte der 40-Jährige vorbereitete russische Pässe für die Bewohner der abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien an. Saakaschwili wies erneut Vorwürfe zurück, er habe das Eingreifen Moskaus in den Kaukasus-Konflikt mit dem Einmarsch georgischer Soldaten in Südossetien provoziert.
Zudem warf der georgische Präsident Russland vor, die gesamte Ordnung in Europa zu untergraben. Erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuche eine große europäische Macht, Teile eines Nachbarlandes zu annektieren, sagte Saakaschwili im Deutschlandfunk.
Der russische Präsident Dmitri Medwedew hatte am Dienstag die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens anerkannt. Sollte sich Russland mit seiner Politik durchsetzen, werde die jüngste Vorgehensweise im Kaukasus kein Einzelfall bleiben, sagte Saakaschwili. Er forderte die Europäische Union auf, beim Wiederaufbau des Landes zu helfen.'
Georgien spricht von "ethnischer Säuberung"
Die georgische Außenministerin Ekaterine Tkeschelaschwili erklärte, dass russische Truppen mittlerweile fast alle Georgier aus den abtrünnigen Regionen vertrieben hätten. "Das Territorium, das in der Sowjetzeit als Südossetien bekannt war, ist komplett von Überresten georgischer Bevölkerung gesäubert worden", sagte Tkeschelaschwili vor dem Ständigen Rat der OSZE. Dabei seien Häuser zerstört und Felder abgebrannt worden, um eine Rückkehr auch für den Fall von Sicherheitsvorkehrungen zu erschweren.
Vor Journalisten beschrieb die georgische Ministerin die von ihr erwähnten "ethnischen Säuberungen": "Dies war eine gemeinschaftliche Aktion der russischen Truppen mit paramilitärischen Kräften." Die Russen hätten Dörfer umzingelt, "Milizen drangen dort ein, töteten junge Männer. Frauen wurden vergewaltigt und zur Flucht gezwungen", sagte sie nach der Sitzung des OSZE-Rates.
Quelle: ntv.de