Politik

Sudetendeutscher Tag Pfiffe in Nürnberg

Mit scharfer Kritik sowohl an der tschechischen Regierung als auch an der Bundesregierung hat die Sudetendeutsche Landsmannschaft den 53. Sudetendeutschen Tag in Nürnberg eröffnet.

Bundesvorsitzender Bernd Posselt (CSU) nannte Äußerungen des stellvertretenden tschechischen Ministerpräsidenten Vladimir Spidla „verkrustetes und verkalktes Denken“. Spidla hatte zuvor die Vertreibung der Sudetendeutschen als „eine der Quellen des Friedens“ bezeichnet. „Solcher Ungeist darf nicht in die Europäische Union eingeschleppt werden“, sagte Posselt.

Pfiffe bei Schily-Rede

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat in Nürnberg die Auffassung der Bundesregierung bekräftigt, die Frage von Reparationen für die Vertreibung der Sudetendeutschen nicht mit dem EU-Beitritt Tschechiens zu verknüpfen.

Schily sagte beim Sudetentreffen, dass das „vergangene Unrecht der Vergangenheit angehört“. Die Beziehungen zu den Nachbarn sollten nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden Fragen belastet werden.

Unter den Pfiffen der Anwesenden Vertriebenenvertreter sagte der Minister, dass die seitens der Bundesregierung nach wie vor bestehende Forderung nach Aufhebung der Benesch-Dekrete nicht zu einer Entschädigung oder gar Rückübertragung führen könne. Er ermahnte die Sudetendeutschen, materielle Verluste zu verschmerzen und auch zu akzeptieren, dass es Tschechen waren, die 1938 als erste Vertriebenen die annektierten deutschen Gebiete verlassen mussten.

Schily nannte es eine „großartige Perspektive“, Europa friedlich zu einen. Durch die dann gewonnene Niederlassungsfreiheit hätten auch die Sudetendeutschen Vorteile. Die Vorteile eines EU-Beitritts Tschechiens seien so offensichtlich, sagte Schily, „dass ich Sie um uneingeschränkte Unterstützung bitte“.

Posselt kritisiert Schröder

Posselt reagierte empört auf Schilys Rede. Er sei entsetzt, dass dieser es nicht geschafft habe, "sofort auf die schrecklichen Äußerungen des tschechischen Vize-Premiers zu reagieren". Den Vorwurf, die Sudetendeutschen seien rückwärts gewandt, wies er zurück. Erst das Nichtstun der Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) habe dazu beigetragen, dass das deutsch-tschechische Verhältnis momentan so miserabel sei wie selten während der letzten 50 Jahre.

Spidla für "humanitäre Geste"

Spidla sprach sich unterdessen für eine symbolische Entschädigung bestimmter deutscher Vertriebener aus. Der 1997 gegründete Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds sollte über eine solche "humanitäre Geste" diskutieren, sagte der Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten in Prag. Als Beispiel für mögliche Empfänger einer Entschädigung nannte er deutsche Antifaschisten, die zu Unrecht aus der Tschechoslowakei vertrieben worden seien. Betroffen davon wären "wohl maximal hundert Menschen".

Quelle: ntv.de

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