Politik

Arznei-Hormon-Schweinereien Pharma-Panscher aus Irland

Der Verursacher des europaweiten Hormonskandals ist in Irland entdeckt worden. Die Hormon-Rückstände in Futtermitteln und Fruchtsäften gehen nach einem Zwischenbericht der irischen Agentur für Umweltschutz (EPA) auf einen dortigen Pharmahersteller zurück.

Der hat demnach Hormon-Abfälle falsch deklariert und als „Zuckerwasser“ nach Belgien geliefert. Dort wurde der Arznei-Müll in Glukosesirup eingearbeitet, der dann in Futter und Getränke gelangte. Den Ermittlungen zufolge stammen die Abfälle aus der Firma Wyeth Medica Ireland, die unter anderem Anti-Baby-Pillen und Tabletten für die Hormon-Ersatz-Therapie herstellt.

Offene Fragen

Der EPA-Bericht lässt eine Reihe wichtiger Fragen nach wie vor ungeklärt. Etwa die nach der Verantwortung der belgischen Firma Bioland, die nicht identisch ist mit dem deutschen Verband gleichen Namens. Bioland galt bislang als Verursacherin des Skandals.

Laut EPA-Bericht exportierte die Firma Cara Environmental Technology Ltd., die als Abfallmakler des irischen Pharmaherstellers tätig war, Hormonabfälle an Bioland. Dem Bericht zufolge behauptet Cara Environmental, der Abfall sei von Bioland im Wissen um die Hormonanteile angenommen worden. Darüber gebe es jedoch keine oder aber mehrdeutige Unterlagen. „Untersuchungen müssen noch klären, wer in welchen Stadien des Exportvorganges für die Vermischung und die Kennzeichnung von gefährlichem und ungefährlichem Abfall verantwortlich war.“

Kritik an Künast

Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) gerät in dem Skandal um das Wachstumshormon MPA (Medroxy-Progesteron-Acetat) in Futtermitteln inzwischen auch in den eigenen Reihen unter Druck. Niedersachsens Agrarminister Uwe Bartels (SPD) übte wie schon im Nitrofen-Skandal harsche Kritik an seiner Kollegin und warf ihr auf EU-Ebene Versagen vor.

Für große Aufregung sorgte am Mittwoch ein angeblicher Aufruf Künasts an die Verbraucher, wegen des Skandals auf Fleisch zu verzichten. Politiker, Wirtschafts- und Bauernverbände erhoben schwere Vorwürfe gegen Künast. Ihre Sprecherin dementierte, dass die Ministerin zum Fleischverzicht aufgerufen habe.

Hormone auch in Hessen

Von dem Skandal sind laut Ministerium alle Bundesländer außer Sachsen und den Stadtstaaten Berlin und Bremen betroffen. Am Mittwoch waren noch 319 Agrarbetriebe in sieben Bundesländern wegen zweifelhafter Futtermittellieferungen gesperrt. „Dort wird weiter untersucht“, sagte Künasts Sprecherin. Möglicherweise belastete Lieferungen gingen auch an alle EU-Mitgliedstaaten außer Finnland, Griechenland, Irland und Österreich.

Positivliste noch unklar

Die Einführung einer auch von Künast geforderten Positivliste für erlaubte Futtermittelbestandteile wird Angaben der EU-Kommission bis zum Jahresende geprüft. Derzeit gibt es nur eine Negativliste mit verbotenen Inhaltsstoffen.

Zu einer EU-weiten Positivliste sagte eine Sprecherin von EU- Verbraucherschutzkommissar David Byrne, vermutlich müssten mehr als 10.000 in Frage kommenden Stoffe geprüft werden. Die Liste müsste Futtermittel für alle Tierarten enthalten, denn sonst würde es ähnliche Grauzonen geben wie jetzt.

Fleischabsatz rückläufig

Die Verbraucher zeigen sich beim Kauf von Fleisch zur Zeit deutlich zurückhaltend. Auch der Geflügelboom in Folge der BSE-Krise ist nach Angaben der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) vorbei. Trotz niederiger Preise sei es in diesem Jahr noch nicht gelungen, den 2001 wegen der BSE-Krise erfolgten Nachfrageeinbruch wieder wettzumachen.

Kosten unabsehbar

Die Höhe der durch den Hormon-Skandal für die Bauern entstehenden Kosten ist nach Ansicht von Experten noch nicht abzusehen. Der Schaden halte sich noch in Grenzen, könne aber bedrohliche Ausmaße annehmen, sagte der Geschäftsführer des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Werner Gehring. "Zwei, drei Tage, bis zu einer Woche gesperrt zu sein, das ist zu überstehen", erklärte Gehring. Danach aber werde es für die betroffenen Betriebe kritisch.

Quelle: ntv.de

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