"Todesflüge" in Argentinien Pilot in Valencia verhaftet
23.09.2009, 16:02 UhrEin mutmaßlicher Pilot von "Todesflügen" während der Militärherrschaft in Argentinien (1976 – 1983) ist in Spanien festgenommen worden. Wie spanische und niederländische Behörden mitteilten, wurde Julio Alberto Poch auf dem Flughafen von Valencia im Cockpit eines Passagierflugzeugs der niederländischen Billiggesellschaft Transavia gefasst. Der Argentinier mit niederländischem Pass hatte die Maschine als Flugkapitän nach Amsterdam fliegen sollen. Der Ex-Leutnant der argentinischen Marine soll für den Tod von 1000 Menschen mitverantwortlich sein.
Wie die spanische Polizei mitteilte, lag gegen den Piloten ein Haftbefehl aus Argentinien vor. Der Mann wurde von spanischen Polizisten dingfest gemacht, als er das Flugzeug für den Start vorbereitete. Eine Transavia-Sprecherin bestätigte die Festnahme am Flughafen von Valencia. Der Pilot sei für einen Rückflug in die Niederlande eingeteilt gewesen. "Wir warten nun auf Informationen über die genauen Vorwürfe gegen ihn", sagte die Sprecherin.
In Folterzentrum gearbeitet
Gegen Poch besteht der Verdacht, dass er unter der Militärdiktatur in Argentinien als Pilot der Kriegsmarine an "Todesflügen" beteiligt gewesen war. Die Militärherrscher hatten damals Tausende von Regimegegnern von Flugzeugen aus ins Meer werfen lassen. Nach Angaben des spanischen Innenministeriums handelt es sich bei Poch um einen pensionierten Leutnant der argentinischen Marine. Er soll während der Diktatur als Pilot auf der Luftwaffenbasis der Marine-Technikerschule ESMA gearbeitet haben - die ESMA war damals eines der größten Folterzentren und Gefängnisse des Landes.
Offen über "Todesflüge" geredet
Nach Angaben der niederländischen Zeitung "De Telegraaf" soll der Pilot unter Kollegen offen über seine Beteiligung an "Todesflügen" berichtet haben. Das Management von Transavia habe von seiner Vergangenheit gewusst, schrieb das Blatt. Demgegenüber betonte eine Sprecherin des Unternehmens, der Pilot sei vom niederländischen Geheimdienst gründlich überprüft worden.
Bis zu 30.000 Opfer
Die von 1976 bis 1983 herrschende Militärjunta hatte einem Bericht der argentinischen Regierung zufolge während des sogenannten "Schmutzigen Krieges" mehr als 11.000 Regimegegner getötet oder verschwinden lassen. Menschenrechtsgruppen gehen gar von bis zu 30.000 Opfern aus. Eine Vorgehensweise waren die Todesflüge. Dabei wurden die Menschen aus Flugzeugen oder
Hubschraubern in Flüsse oder den Atlantik geworfen, wo sie ertrinken sollten. Bis 2005 musste keiner der Täter Konsequenzen fürchten. Zwei Gesetze schützten Hunderte früherer Militärs vor Bestrafungen. Auf Druck des damaligen Präsidenten Nestor Kirchners hob der Oberste Gerichtshof des Landes beide Gesetze auf.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP