Spott und Kritik aus Israel Pius XII. als "Gerechter der Völker"?
18.01.2010, 16:22 UhrDer Holocaustüberlebende und Publizist Noah Kliger hat sich in die Debatte zur geplanten Heiligsprechung von Papst Pius XII eingemischt. Pius XII, der von 1939 bis 1958 Papst war, solle nicht nur zum Heiligen der Katholischen Kirche gemacht werden, sondern auch als "Gerechter der Völker" von Jad Vaschem geehrt werden. In Jad Vaschem werden Nicht-Juden gewürdigt, die während des Holocaust selbstlos und unter Einsatz ihres Lebens Juden gerettet haben
"Wenn ich den Papst Benediktus XVI in der Synagoge in Rom richtig verstanden habe, dann hat sein Vorgänger Papst Pius XII vielen Juden das Leben gerettet", schreibt Kliger in der Zeitung "Jedijot Achronot". Es müssten nur ein "paar kleine Fragen" beantwortet werden: "Wie viele Juden hat Pius XII gerettet? Hat er sie im Vatikan oder in seinem Sommerpalast versteckt? Was waren ihre Namen? Warum hat kein einziger Überlebender jemals darüber berichtet und auch keiner von deren Angehörigen? Warum geht der Papst nicht auf solche nebensächlichen Fragen ein?" Dem Papst Pius XII nahestehende Personen hätten sich niemals zu dessen vermeintlichen Rettungsaktionen geäußert.
In einem anderen Artikel erinnert die Zeitung "Jedijot Achronot" daran, dass am 16. Oktober 1943 im jüdischen Viertel von Rom 2091 Menschen gesammelt und nach Auschwitz deportiert worden seien. Die Juden Roms hätten sich zuvor in Sicherheit gewähnt, weil sie im Schatten des Vatikans lebten. Einen ganzen Tag habe der Eisenbahnzug gefüllt mit den Deportierten aus dem Bahnhof in Rom gestanden. Unter Historikern ist umstritten, ob der Papst durch eine öffentliche Verurteilung der Deportationen den Abtransport wenigstens der Juden Rom und vielleicht auch von Juden aus anderen Ländern Europas hätte verhindern können.
Der Rom-Korrespondent der Zeitung erklärt seinen jüdischen Lesern, dass eine Heiligsprechung, wie sie Benedikt XVI für Papst XI, auch "der Stellvertreter" und "der schweigende Papst" bezeichnet, eine rein religiöse Angelegenheit sei. Doch gleichzeitig habe eine Heiligsprechung auch einen ethischen Wert. Katholiken seien aufgerufen, die Heiligen zu "nachzuahmen und zu bewundern". Der Korrespondent erwähnt auch, dass bis heute die Archive des Vatikans zu der Periode von Pius XII nicht geöffnet worden seien, sodass sich nicht nachprüfen lasse, was jener Papst tatsächlich zur Errettung von Juden während des Holocaust getan habe.

Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de