Es geht um den Standort Plädoyer für die Kohle
12.04.2008, 17:11 UhrDeutsche Spitzenpolitiker haben auf die Bedeutung der Kohlekraftwerke für die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland hingewiesen. Wie immer in diesem Fall sehen sie den "Standort Deutschland in Gefahr". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich zudem in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke aus. "Sonst ist unsere Energieversorgung in Gefahr."
Im Zusammenhang mit den erneuerbaren Energien warnte Merkel davor, "das Kind mit dem Bade" auszuschütten: "So sehr ich dafür bin und auch viel dafür tue, erneuerbare Energien zu fördern, so sehr sollten wir auch nicht übersehen, dass sie allein Deutschlands Energieversorgung auf absehbare Zeit nicht gewährleisten können", erklärte die Kanzlerin.
Vom Biotreibstoff will sie auch nach dem missglückten Versuch von Gabriel, eine Beimischung von Bioanteilen zum Benzin festzuschreiben, nicht abrücken. "Wir betreten sicher bei den erneuerbaren Energien in mancher Hinsicht absolutes Neuland, aber dennoch setzen wir weiter auch auf Biotreibstoff."
Gabriel stellt Thesenpapier vor
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warf den Gegnern der Kohlekraft vor, die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands aufs Spiel zu setzen. "Wir können zusätzlich zu den im Bau befindlichen Kohlekraftwerken noch zehn Anlagen bauen, ohne die Klimaziele zu gefährden", sagte er dem "Spiegel".
Auch Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) dringt auf rasche Investitionen in neue Kohlekraftwerke und Leitungsnetze. Er hielt seinem Kabinettskollegen aber in der "Wirtschaftswoche" vor, das Problem der Energieversorgung durch "die ideologische Brille zu betrachten" und dadurch seinerseits die Energiesicherheit in Deutschland zu gefährden. Der Standort Deutschland sei in Gefahr.
Gabriel sagte: "Es geht um das Zentrum unserer Industriegesellschaft." Mit ihrem Widerstand gegen neue Kohlekraftwerke leisteten Umweltverbände längeren Laufzeiten von Atomkraftwerken Vorschub. In einem zehnseitigen Thesenpapier beschreibt Gabriel eine Energiepolitik, mit der sich Klimaschutz, Atomausstieg, bezahlbare Strompreise und Versorgungssicherheit vereinbaren lassen sollen.
Wulff warnt mit
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will nicht fehlen, wenn sich deutsche Spitzenpolitiker zu Energiefragen äußern. Wie Gabriel warnt auch Wulff vom Bau neuer Kohlekraftwerke abzurücken. Zugleich warnt auch diese vor Auswirkungen auf die Laufzeiten von Kernkraftwerken, falls Kohlekraftwerke blockiert würden. "Die verschiedenen Energieträger sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es gibt da sogar klare Wechselwirkungen: Je mehr moderne, neue Kohlekraftwerke verhindert werden, desto größer wird der Druck, Kernkraftwerke länger laufen zu lassen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". In Niedersachsen sollen an der Küste sowie im emsländischen Dörpen Kohlekraftwerke gebaut werden.
Glos sieht Deutschland in Gefahr
Nach Darstellung von Glos droht Deutschland bereits in vier Jahren eine Energielücke und Stromabschaltungen, sollten nicht bald die Investitionen in neue Leitungsnetze und Kohlekraftwerke erfolgen. Er beruft sich auf Berechnungen der Deutschen Energie-Agentur (Dena), wonach Deutschland ab 2012 eine Stromlücke droht. In Zweifel zieht Glos dagegen ein Gutachten, das Gabriel beim Umweltbundesamt in Auftrag gegeben hat und das die Energieversorgung in Deutschland als sicher einstuft. Er würde er "einem Hund die Bewachung eines Wurstvorrates anvertrauen, als dem Umweltbundesamt die Begutachtung der Stromversorgungssicherheit".
Steinmeier erinnert an Klimaziele
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor den Folgen ausbleibender Investitionen in die Energie-Infrastruktur. "Neue Pipelines müssen entstehen, neue Stromleitungen durchs Land gezogen werden und effizientere Kohlekraftwerke ans Netz gehen", sagte der stellvertretende SPD-Chef dem "Spiegel". All das müsse jetzt bald passieren, "wenn wir die Rückkehr zur Kernenergie verhindern" und "die Klimaziele erreichen" wollen.
Schwarz-Grün wackelt
In Hamburg wird derzeit über das Kohlekraftwerk Moorburg gestritten. In den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und Grünen ist Moorburg ein Kernthema: Die Grünen wollen das bereits begonnene Projekt stoppen, da sie Kohlekraftwerke wegen ihres Kohlendioxid-Ausstoßes für klimaschädlich halten.
Quelle: ntv.de