Neue Vorwürfe gegen Ex-Kanzleramtschef Pofalla hat einen guten Draht zur Bahn
05.01.2014, 10:27 Uhr
Pofalla (r.) und Bahnchef Rüdiger Grube eröffnen im April 2010 im Emmericher Bahnhof ein Informationszentrum.
(Foto: dpa)
Ex-Kanzleramtschef Pofalla steht wegen seines möglichen Wechsels zur Deutschen Bahn in der Kritik. Laut einem Medienbericht soll er bei der Wahl des Bahn-Chefaufsehers Felcht beteiligt gewesen sein. Außerdem unterstützte er Bahnchef Grube beim Kampf gegen eine schärfere Regulierung des Konzerns.
In der Debatte um den Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla zur Deutschen Bahn werden neue Vorwürfe laut. So soll Pofalla laut einem Medienbericht dem heutigen Aufsichtsratschef der Deutschen Bahn, Utz-Hellmuth Felcht, ins Amt geholfen haben. "Pofalla habe bei der Auswahl Felchts eine entscheidende Rolle gespielt", schreibt die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf "Eingeweihte".
Demnach war der damalige Kanzleramtsminister in der schwarz-gelben Koalition für die Koordinierung der Suche nach dem neuen Chefaufseher der Bahn zuständig. Dabei habe Pofalla gegen den Willen der FDP Felcht durchgesetzt. Der Bayer Felcht gilt als Vertrauter des damaligen Verkehrsministers Peter Ramsauer von der CSU. Er wurde im März 2010 von der Bundesregierung gewählt, der Pofalla damals angehörte.
Auch der "Spiegel" berichtet von engen Kontakten Pofallas zur Bahn. Er verstehe sich gut mit dem Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube. Grube kämpft seit Jahren etwa dagegen, dass die Bahn ihr Schienennetz in ein anderes Unternehmen auslagern muss. Dabei habe er Pofalla "fast immer auf seiner Seite" gehabt. So habe der damalige Kanzleramtschef ein Gesetz zur Regulierung der Bahn so lange verzögert, dass es in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr beschlossen werden konnte.
Der Wechsel Pofallas zur Bahn wurde zuletzt von Politikern der Opposition scharf kritisiert. Allerdings gab es auch in SPD und CDU Vorbehalte. Einem Zeitungsbericht zufolge ist Pofalla zur Aufgabe seines Bundestagsmandats bereit, um einen Spitzenposten bei der Bahn antreten zu können. "Bild am Sonntag" berichtete unter Berufung auf die Unionsführung, Pofalla werde seinen Verzicht erklären, wenn der Aufsichtsrat der Bahn ihn in den Vorstand berufen sollte. Damit komme er Forderungen von Kritikern seines raschen Wechsels aus einem politischen Spitzenamt in die Wirtschaft entgegen.
"Kein Berufsverbot für Politiker"
Der Fraktionschef der CDU im baden-württembergischen Landtag, Peter Hauk, hatte am Samstag gefordert, Pofalla solle sein Bundestagsmandat niederlegen. Aus der SPD gab es Forderungen nach einer längeren Karenzzeit, bevor Politiker in die Wirtschaft wechseln können. Auch Pofalla selbst hatte in seiner Zeit als Generalsekretär der CDU Karenzzeiten als vorstellbar bezeichnet, diese Forderung aber nicht weiter verfolgt.
Der künftige SPD-Vize und Koordinator des linken Parteiflügels, Ralf Stegner, sagte nun der "Bild am Sonntag", grundsätzlich sollte es zwar eine Karenzzeit beim Wechsel von der Politik in die Wirtschaft geben. "Aber es ist kein handfester Skandal, wenn ein Regierungsmitglied zu einem Staatskonzern wechselt. Hier gibt es einen gravierenden Unterschied zum neuen Job von Staatsminister (Eckart van) Klaeden, der in die private Industrie gegangen ist."
Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs stärkte Pofalla den Rücken. "Es kann doch kein Berufsverbot für Politiker geben. Wenn dieser Wechsel zustande kommt, dann ist er als Austausch zwischen Politik und Wirtschaft zu begrüßen", sagte er.
Allerdings formiert sich einem Bericht des "Spiegel" zufolge im Aufsichtsrat der Bahn Widerstand gegen die Berufung Pofallas. Teile des Aufsichtsrats wollten verhindern, dass die Führungsspitze weiter aufgebläht werde, schreibt das Magazin in seiner neuen Ausgabe.
Ein Bahn-Aufsichtsratsmitglied wird mit den Worten zitiert: "Unser Ziel ist es eigentlich seit längerem, die Zahl der Vorstände zu reduzieren. Deshalb wird das Upgrade für Pofalla mit Sicherheit nicht einfach durchgewinkt."
Personalie wird schon länger diskutiert
Auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Deutschen Lokomotivführer, Claus Weselsky, erklärte, es werde "schon wieder ein teurer Vorstandsposten und sicher auch eine teure Stabsabteilung dazu geschaffen und wieder ohne eisenbahnspezifisches Know-how".
Pofalla soll Presseberichten zufolge im Bahnvorstand ein neues Ressort übernehmen, das die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfassen soll. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Die Bundesregierung teilte am Freitag mit, sie wolle den möglichen Wechsel nicht bewerten.
Dem "Spiegel" zufolge hat Pofalla seinen Wechsel in den Bahnvorstand schon seit längerem geplant. Nach Aussage eines Bahn-Insiders werde in dem Unternehmen bereits seit mehr als einem halben Jahr darüber gesprochen, einen Vorstandsposten für Regierungskontakte zu schaffen. Dabei sei von Anfang an der Name Pofalla im Spiel gewesen, hieß es. Über die konkreten Gespräche sei aber nur ein enger Führungskreis der Bahn informiert gewesen.
Bahnchef Rüdiger Grube berichtete laut "Bild am Sonntag" telefonisch einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern am Freitag von der Personalie Pofalla. Dieser wolle eine "Abkühlphase", bevor er zur Bahn komme.
Quelle: ntv.de, mli/che/AFP/rts