Politik

Erben bleibt schwierig Poker mit "Chaostruppe"

Die SPD verschärft ihre Attacke auf die CSU wegen der Verschiebung der Erbschaftsteuerreform. "Alles ist an der CSU gescheitert", kritisierte Fraktionschef Peter Struck. Das Ziel des Koalitionspartners sei ein Erleichterungsprogramm für Reiche. Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel müsse nun klären, wie sie ihr Versprechen gegenüber der SPD einhalten wolle, sagte er dem ZDF. CDU und SPD wären sich relativ schnell einig gewesen. "Vielleicht beruhigt es sich etwas, wenn sie am nächsten Montag dann wirklich klar haben im Parteivorstand der CSU, wie geht das alles mit dem Seehofer weiter. Dann hoffe ich, dass die CSU zur Vernunft zurückkehrt." Ein Bruch der Koalition ist nach Strucks Worten allerdings nicht in Sicht.

Die Verhandlungen von CDU/CSU und SPD über die Reform der Erbschaftsteuer waren am Donnerstag ergebnislos abgebrochen worden, nachdem sie sich erneut nicht auf die Neuregelung einigen konnten, die das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte. Die Koalitionspartner zeigten sich aber grundsätzlich zu weiteren Gesprächen bereit. Am kommenden Montag soll nun zunächst innerhalb der Parteien und Fraktionen beraten werden.

"Kurz vor dem Ergebnis"

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) setzt auf zügige weitere Gespräche. "Das, was wir hören, ist: Wir sind sehr kurz vor dem Ergebnis", sagte Ministeriumssprecher Torsten Albig. "Nach Montag wird es sicherlich bald zu weiteren Verhandlungen des Regierungsentwurfes kommen." Niemand zweifle daran, dass der Entwurf mit Änderungen "bald Gesetzeskraft erlangen" werde.

Wenn die Reform nicht mehr rechtzeitig beschlossen wird, entfällt die Erbschaftsteuer vom nächsten Jahr an komplett. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eine Reform bis Ende 2008 verlangt hat, sei in diesem Punkt "völlig eindeutig", sagte Struck.

Schwierigkeiten mit der "Chaostruppe"

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nannte die CSU eine "unverantwortliche Chaostruppe". Heil sagte, das Kabinett habe sich - unter Beteiligung des designierten CSU-Chefs Horst Seehofer - auf das Beibehalten der Steuereinnahmen von mindestens vier Milliarden Euro im Jahr verständigt. Das Geld fließe den Ländern zu und werde von diesen dringend benötigt, um Bildung und öffentliche Infrastruktur zu finanzieren. "Für die SPD gelten nach wie vor die vereinbarten Eckpunkte", sagte Heil.

Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, sprach von einem Führungsproblem in der Union. Die CDU müsse nun zeigen, "ob sie in der Lage ist, eine offensichtlich verrückt gewordene CSU" zu bändigen. Durch die Blockade der CSU stehe die Erbschaftsteuer trotz umfangreicher Zugeständnisse der SPD nun insgesamt zur Disposition. "Wir dürfen nicht hinter die vier Milliarden Euro zurückfallen", forderte Böhning.

CDU bleibt optimistisch

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) rechnet trotz der harten Haltung der CSU mit einem Erfolg. "Ich bin sicher, die Erbschaftsteuer wird kommen", sagte Oettinger. Es seien nur noch wenige Punkte zu klären. Es werde eine Reform geben, die den Ländern die gleichen Einnahmen bringen werde wie jetzt, aber auch die Unternehmen schütze.

Dem Vernehmen nach haben die CDU-regierten Länder bei ihrem Kamingespräch mit Bundeskanzlerin Merkel am Donnerstagabend übereinstimmend die Meinung vertreten, dass eine Einigung mit der SPD zugestimmt werden könne, wenn es noch leichte Bewegungen bei den Sozialdemokraten gäbe. Die CSU war in der Runde durch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer vertreten, nicht jedoch durch den bayrischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein.

Die Zeit läuft davon

Wegen der Blockade wird ein rechtzeitiger Beschluss bis zum Jahresende immer schwieriger. Die CSU hatte in den Verhandlungen Nachforderungen gestellt wie die Erhöhung der Freibeträge für überlebende Ehepartner auf zwei Millionen Euro. Die SPD sieht darin eine Bevorzugung von Millionären.

Streitpunkt sind insbesondere Privilegien für mittelständische Unternehmen. Konkret geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen diese von der Erbschaftssteuer befreit werden könnten. Die CSU pocht zudem auf einen weitestgehenden Schutz von selbst genutztem Wohneigentum. Im Gespräch sind hier Freigrenzen, die auch bei der Übertragung teurer Immobilien zu einer Befreiung von der Erbschaftsteuer führen sollen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherigen Abschläge bei der Bewertung von vererbtem Immobilien- und Firmenvermögen moniert und eine Taxierung nahe am Marktwert gefordert. Um auch in Zukunft die meisten Familien von der Steuer zu verschonen, müssen die Freibeträge stark erhöht werden. Experten streiten, ob die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 weiter erhoben werden kann, wenn es nicht zu einer Reform kommt. Nach Darstellung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages geht eine Mehrheit der Juristen davon aus, dass das nicht mehr möglich wäre.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen