Politik

Kölner Spendenaffäre Pokerspiel um Punktevorteil?

Die CDU will den Finanz- und Korruptionsskandal der Kölner SPD im Parteispenden-Untersuchungsausschuss möglichst umfassend und gründlich aufklären. Dazu, so argumentiert ihr Obmann Andreas Schmidt, brauche man entsprechend viel Zeit und Sondersitzungen sogar in der Sommerpause. Die SPD will die Affäre möglichst rasch klären und auf jeden Fall vermeiden, dass der Abschlussbericht nicht mehr im Plenum diskutiert werden kann, das regulär am 5. Juli zum letzten Mal vor der Bundestagswahl am 22. September zusammentritt.

Beide Wünsche werden verständlich, wenn man die bevorstehende Bundestagswahl ins Kalkül zieht. Gepokert wird nämlich um Punktvorteile im Kampf um die Wählergunst. Der CDU käme der SPD-Skandal als Dauerbrenner im Wahlkampf, möglichst mit einer abschließenden Bundestagsdebatte in einer Sondersitzung im August, gerade recht. Der SPD wiederum ist daran gelegen, dass die Parteispendenaffäre der CDU als Schwerpunkt der Ausschussarbeit im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert bleibt.

Ein Unsicherheitsfaktor in den Planspielen beider Lager ist das Bundesverfassungsgericht. Das wird auf Antrag der CDU/CSU am Montag darüber beraten, ob der Ausschuss zur Anhörung weiterer Zeugen zur Finanzlage der Bundes-SPD verpflichtet ist. Die Union hatte die umfangreichen Medien-Beteiligungen der Sozialdemokraten im Ausschuss mit untersuchen wollen. Dessen Mehrheit hatte es aber mit einer Befragung von SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier bewenden lassen und weitere Zeugenvernehmungen dazu abgelehnt. Dadurch hatte die Union ihre verfassungsmäßigen Rechte als Minderheit im Ausschuss verletzt gesehen.

Sollten die Karlsruher Richter der CDU/CSU Recht geben, könnte die versucht sein, den SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzler Gerhard Schröder vor den Ausschuss zu zitieren - ein im Wahlkampf höchst willkommenes Medienspektakel mit mindestens so viel Aufmerksamkeitswert wie die Auftritte von Exkanzler Helmut Kohl vor dem Gremium.

Für diesen Fall hat allerdings auch die SPD noch ein As im Ärmel. Der Ausschussvorsitzende Volker Neumann, selbst Sozialdemokrat, drückte dies mit Rücksicht auf seine überparteiliche Funktion am Donnerstag noch sehr verklausuliert aus: "Sollte das Bundesverfassungsgericht uns zur Wiederaufnahme der Zeugenvernehmungen verpflichten, werden wir auch bisher nicht aufgegriffene Vorfälle aus anderen Bereichen untersuchen und dazu Zeugen hören."

Im Klartext war Neumanns sibyllinischer Satz eine Warnung an die CSU, dass ihre Praxis, für Patenschafts-Abonnements des Parteiblattes "Bayernkurier" Spendenquittungen auszustellen, zum Untersuchungsthema gemacht werden könnte. Unterlagen zum Thema "Drückerkolonnen" wurden vorsichtshalber schon einmal angefordert. Als Zeuge käme dann natürlich auch CSU-Chef und Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber in Frage. Ein Mitarbeiter der Ausschuss-Mehrheit brachte dies am Donnerstag auf die einfache Formel: "Zitierst Du meinen Schröder vor den Ausschuss, zitiere ich Deinen Stoiber."

Mit deutlicher Behutsamkeit ging die Union am Donnerstag mit der Frage um, ob Bundespräsident Johannes Rau als langjähriger Chef der NRW-SPD um Kölner Skandal gehört werden soll. CDU-Obmann Schmidt verwies darauf, dass man mit dem Amt des Staatsoberhauptes nicht leichtfertig umgehen dürfe, wollte aber Fragebedarf an Rau auch nicht von vornherein ausschließen. Als Zeuge geladen werden dürfte der Bundespräsident ohnehin nicht. Erlaubt wäre allenfalls eine Befragung in seinem Amtssitz.

Nicht gefährden will die Ausschussmehrheit aus SPD und Grünen den Plan, den Abschlussbericht des Ausschusses im Mai fertig zu stellen und vor der Sommerpause im Plenum zu diskutieren. Sollten die Untersuchungen zum Kölner Skandal nicht rechtzeitig abgeschlossen sein, könnten sie, so das Kalkül, in einem ergänzenden Berichtsteil ihren Niederschlag finden. Der würde dann zwar schriftlich vorgelegt, aber nicht mehr im Plenum diskutiert.

Ohnehin setzt die SPD darauf, dass der Abschlussbericht die unterschiedlichen Dimensionen der Vorgänge bei CDU und SPD wieder deutlich machen wird. Von den 880 Seiten des fertig gestellten Feststellungsteils handeln 800 Seiten von illegalen Parteispenden und Schwarzgeldkonten der CDU. SPD-Obmann Frank Hofmann am Donnerstag: "Es ist schließlich ein eklatanter Unterschied, ob es um die illegale Spendenpraxis der Parteispitze der CDU geht oder um Verfehlungen lokaler SPD-Politiker."

AP-Korrespondent Detlef Rudel

Quelle: ntv.de

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