Politik

Kaczynskis öffentlich aufgebahrt Polen nehmen Abschied

Mitglieder des polnischen Parlaments legen Blumen nieder, bevor sie in einer Trauerstunde den Toten gedenken.

Mitglieder des polnischen Parlaments legen Blumen nieder, bevor sie in einer Trauerstunde den Toten gedenken.

(Foto: REUTERS)

Tausende Polen nehmen vor den geschlossenen Särgen Abschied von Präsident Kaczynski und seiner Ehefrau. Auch das Parlament gedenkt in einer Trauerstunde den insgesamt 96 Opfern des Flugzeugunglücks. Die Ursache des Absturzes ist offenbar ein Pilotenfehler.

In Warschau haben tausende Polen Abschied von ihrem tödlich verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski genommen. Vor dem Präsidentenpalast, wo die Särge des Staatsoberhaupts und seiner Frau aufgebahrt sind, lagen Berge von Blumen. Nach einer Trauerfeier für alle 96 Opfer der Flugzeugkatastrophe am Samstag sollen die beiden am Sonntag mit einem Staatsbegräbnis in Krakau beigesetzt werden.

Die sterblichen Überreste Kaczynskis waren bereits am Sonntag nach Polen überführt worden, heute wurde auch der Leichnam der Präsidentengattin Maria Kaczynska zurück in die Heimat gebracht. Der Sarg der First Lady wurde von einer Ehrengarde und Familienmitgliedern am Warschauer Flughafen in Empfang genommen wurde. Als Erste kniete die 30-jährige Tochter des Präsidentenpaares vor dem Sarg nieder, gefolgt vom Bruder des Präsidenten, Jaroslaw Kaczynski.

Ring identifiziert Ehefrau

Der mit der weiß-roten Flagge Polens bedeckte Sarg Kaczynskas wurde anschließend in einen Leichenwagen geladen und in die Innenstadt gefahren. Entlang der zwölf Kilometer langen Strecke standen zahlreiche Menschen am Straßenrand, um den Leichenwagen zu sehen und Blumen darauf zu werfen. Die 67-jährige Maria Kaczynska war in Polen unter anderem wegen ihres Engagements für Frauenrechte sehr beliebt. Ihre Leiche war am Montag anhand des Eherings identifiziert worden.

Die Särge des toten Präsidentpaares im Palast.

Die Särge des toten Präsidentpaares im Palast.

(Foto: AP)

Vor dem Präsidentenpalast hatten sich bereits seit dem Morgen tausende Menschen versammelt, um von dem Präsidentenpaar Abschied zu nehmen. Gegen Mittag verneigten sich die ersten Trauernden vor den geschlossenen Särgen.

Am Samstag soll in einer gemeinsamen Gedenkfeier aller 96 Opfer des Flugzeugabsturzes gedacht werden, für Sonntag ist dann das Staatsbegräbnis des Ehepaars Kaczynski geplant. Wie die polnische Nachrichtenagentur PAP berichtete, werden sie in der Kathedrale auf der Wawel, der ehemaligen Residenz der polnischen Könige in Krakau, beigesetzt.

Parlament voller Trauer

Das polnische Parlament hat auf einer Sondersitzung der Opfer des Flugzeugunglücks in Westrussland gedacht. Der Wald in Smolensk sei zum "Ort des polnischen Dramas" geworden, heißt es in der Erklärung beider Parlamentskammern, Sejm und Senat. Dieser Verlust könne gar nicht ersetzt werden.

Ein Abgeordneter während der Trauerstunde im Parlament.

Ein Abgeordneter während der Trauerstunde im Parlament.

(Foto: REUTERS)

Die Abgeordneten bedankten sich bei den Russen für erwiesene "Empathie und Solidarität". Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski bat alle im Parlament vertretene Parteien, ihm zu helfen, "den Staat durch die schwere Zeit zu führen." Komorowski hat nach Tod des Präsidenten die Geschäfte des Staatsoberhauptes übernommen.

Während einer bewegenden Zeremonie nannten Vertreter der Fraktionen die Namen der verstorbenen Kolleginnen und Kollegen. Auf den Plätzen der Toten wurden ihre Fotos mit Trauerflor sowie Blumen gestellt. Auf dem Präsidentensitz lagen ebenfalls Trauerflor und ein Blumenstrauß. Vor dem Beginn der Sondersitzung kondolierten viele Abgeordnete Jaroslaw Kaczynski, dem Zwillingsbruder des verunglückten Staatspräsidenten.

Hinweise auf Absturzursache

Kaczynski und seine Frau waren am Samstag bei einem Flugzeugabsturz gestorben. Sie waren zusammen mit Regierungsmitgliedern und anderen Funktionären auf dem Weg zu einer Gedenkfeier in Katyn, als die Maschine auf dem Flughafen von Smolensk in Westrussland abstürzte. Inzwischen ist nach Angaben der russischen Behörden fast die Hälfte der 96 Opfer identifiziert.

Unterdessen verdichteten sich als Absturzursache Hinweise auf einen Pilotenfehler. Wie der russische Vize-Regierungschef Sergej Iwanow sagte, schließen die russischen Ermittler mittlerweile ein Feuer oder eine Explosion als Unglücksursache aus. Aufschluss erhoffen sie sich von der Auswertung der Flugschreiber: Ein drittes Aufzeichnungsgerät wurde mittlerweile am Unglücksort gefunden. Es solle auf Wunsch Warschaus in Polen ausgewertet werden, sagte ein russischer Luftfahrtvertreter.

Ein Fluglotse vom Flughafen von Smolensk, Anatoli Murawjew, sagte der Zeitung "Komsomolskaja Prawda", der Pilot sei wegen des schlechten Wetters drei Mal aufgefordert worden, auf einem anderen Flugplatz zu landen. Die polnische Präsidentenmaschine habe aber trotzdem mit dem Landemanöver begonnen und zudem keine Angaben über ihre Höhe an den Tower gemeldet.

Russland solidarisch

Was die Beziehungen zwischen beiden Staaten angeht sieht der frühere polnische Präsident Lech Walesa in der Flugzeugkatastrophe die Chance für einen Neuanfang im Verhältnis seines Landes zu Russland. "Ich hoffe von Herzen, dass diese Tragödie auf beiden Seiten zum Nachdenken führt und Vorbehalte abbauen hilft", sagte Walesa der "Bild"-Zeitung.

Ähnlich äußerte sich der polnische Botschafter in Deutschland, Marek Prawda. Dass der russische Ministerpräsident Wladimir Putin und sein polnischer Kollege Donald Tusk in der vergangenen Woche zum ersten Mal gemeinsam der Toten von Katyn gedacht hätten, sei ein "Meilenstein in der Annäherung zwischen Polen und Russland", sagte Prawda den "Ruhr Nachrichten".

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen