Politik

Regierung abgewählt Polen rettet seine Ehre

Die nationalkonservative Regierung in Polen ist nach zwei Jahren am Ende. Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski wurde bei der Parlamentswahl am Sonntag abgewählt, sein Nachfolger wird voraussichtlich der Vorsitzende der liberalen Bürgerplattform (PO), Donald Tusk.

Die PO kam dem vorläufigen Ergebnis zufolge auf 41,4 Prozent der Stimmen, während die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 32,3 Prozent abgeschlagen auf Rang zwei landete. Tusk kündigte einen politischen Neuanfang an.

Freude in Europa

Die Bundesregierung erhofft sich vom bevorstehenden Machtwechsel positive Auswirkungen auf die deutsch-polnischen Beziehungen. Man hoffe, dass die neue Regierung das Angebot zum Dialog und zum Ausgleich aufgreife, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Das deutsch-polnische Verhältnis war während Kaczynskis Regierungszeit äußerst angespannt. Sowohl in der Europa- und Russlandpolitik als auch im Umgang mit den Vertriebenen gab es erhebliche Differenzen.

EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering wertete den Wahlsieg der Bürgerplattform als gutes Signal. "Man freut sich immer, wenn engagierte Europäer an der Spitze einer neuen Regierung stehen werden", sagte er.

Tusks PO, die ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Parlamentswahl um rund 17 Prozentpunkte verbessern konnte, stellt im neuen Sejm 209 der 460 Abgeordneten. Für eine Regierungsmehrheit benötigt die Bürgerplattform einen Koalitionspartner. Als Königsmacher dürfte die Bauernpartei fungieren, die 8,9 Prozent der Stimmen erhielt und damit auf 31 Sitze kommt. Deren Vorsitzender Waldemar Pawlak sagte, er warte nun auf ein Angebot Tusks. Kaczynskis PiS muss mit 166 Abgeordneten in die Opposition.

Tusk hat angekündigt, der polnischen Wirtschaft mit Steuersenkungen neue Impulse zu geben. Außerdem will er die Staatsausgaben sowie das Haushaltsdefizit senken und damit das Land auf Euro-Kurs bringen. Ziel sei es, die gemeinsame Währung im Jahr 2012 einzuführen, bekräftigte Tusks Wirtschaftsberater Zbigniew Chlebowski.

Die Bürgerplattform wolle, "dass sich die Polen künftig sehr viel wohler in ihrem eigenen Land fühlen als bisher", sagte Tusk am Wahlabend vor jubelnden Anhängern. Der 50-jährige Politiker hat seinen Sieg offenbar vor allem den jüngeren, pro-europäisch eingestellten Wählern zu verdanken. Die PiS sprach mit ihrer Politik dagegen eher eine ältere Anhängerschaft an, insbesondere in ländlichen Gegenden.

Wahlbeteiligung auf Rekordniveau

Nach einem teilweise erbittert geführten Wahlkampf lag die Wahlbeteiligung bei 53,8 Prozent und damit höher als bei allen vorangegangenen Parlamentswahlen seit dem Sturz des kommunistischen Regimes Ende 1989. Zwei rechte EU-skeptische Parteien, die zeitweise Teil der Regierungskoalition waren, schafften es nicht wieder ins Parlament. Die Partei Selbstverteidigung und die Polnische Familienliga scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Das Wahlbündnis Linke und Demokraten unter Führung des früheren Präsidenten Aleksander Kwasniewski kam auf 13,2 Prozent oder 53 Sitze.

Kaczynski hatte nach dem Auseinanderbrechen seiner Regierungskoalition eine Neuwahl angesetzt mit dem Ziel, seine Machtbasis zu stärken. Er räumte am Sonntagabend bereits nach den ersten Prognosen die Niederlage ein. Seine Partei habe es mit einer "beispiellosen breiten Angriffsfront" zu tun gehabt, sagte der Zwillingsbruder von Staatspräsident Lech Kaczynski. Diesem kommt nun die Aufgabe zu, den neuen Regierungschef zu ernennen.

Der ehemalige polnische Präsident Lech Walesa, ein scharfer Kritiker der Kaczynski-Brüder, brachte seine Freude über das Wahlergebnis zum Ausdruck: "Wir haben unsere Ehre gerettet", sagte er.

Quelle: ntv.de

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