Politik

Protest gegen Rentenreform Politischer Herbst in Frankreich

Bei den Lehrerprotesten ging es eigentlich um eine Bildungsreform, aber eben auch um die Rente.

Bei den Lehrerprotesten ging es eigentlich um eine Bildungsreform, aber eben auch um die Rente.

(Foto: REUTERS)

Zum Beginn der Parlamentsdebatte über die Rentenreform wird in Frankreich am Dienstag landesweit gestreikt. Die Gewerkschaften haben zu einem ganztägigen Streik aufgerufen, um gegen ein höheres Renteneintrittsalter zu protestieren.

An den Pariser Flughäfen Charles de Gaulle und Orly fällt voraussichtlich jeder vierte Flug aus. Nach dem jüngsten Streik im Juni rechnen die Gewerkschaften mit mehr als zwei Millionen Teilnehmern. Die Rentenreform ist eines der wichtigsten Projekte von Staatschef Nicolas Sarkozy - statt mit 60 Jahren sollen die Franzosen künftig mit 62 Jahren in Rente gehen.

Lehrer streiken zögerlich

Noch vor Beginn der Rentendebatte in der Nationalversammlung traten am Montag die Lehrer in Streik. Den Gewerkschaften zufolge ließen 30 Prozent der Lehrkräfte die Arbeit ruhen, nach amtlichen Angaben nur sechs Prozent - aber ihr Protest gegen Stellenstreichungen galt ohnehin eher als "Aufwärmtraining" für Dienstag. Um die Rentenreform zu verhindern, hatten sich die Gewerkschaften ausnahmsweise zusammengetan: Allein dies zeige, "dass es um etwas geht", sagte Gewerkschaftsführer Bernard Thibault von der CGT im Radiosender France Inter.

Für den Aufstand gegen die Rentenpläne haben sich die gewerkschaften, ganz gegen ihre Gewohnheit, zusammengetan.

Für den Aufstand gegen die Rentenpläne haben sich die gewerkschaften, ganz gegen ihre Gewohnheit, zusammengetan.

(Foto: REUTERS)

Bereits ab Montagabend sollten nur noch zwei von fünf Hochgeschwindigkeitszügen (TGV) fahren, am Dienstag wollten sich auch Beschäftigte bei öffentlich-rechtlichen Medien sowie in der Industrie dem Streik anschließen. Bei großer Beteiligung könne der Tag "zu einem Wendepunkt" werden, sagte Thibault. Auch die frühere französische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, die Sarkozy bei der Wahl 2007 unterlegen war, warb für den Protest. "Wenn morgen viele Franzosen auf die Straße gehen, muss die Regierung das berücksichtigen", sagte sie dem Radiosender Europe 1.

Drei Viertel gegen höheres Rentenalter

42 Prozent der Befragten gaben in einer Umfrage für den Nachrichtensender France Info und die Gratiszeitung "20 Minutes" an, die Proteste seien "voll und ganz gerechtfertigt", weitere 31 Prozent fanden sie "eher gerechtfertigt". Während damit insgesamt 73 Prozent den Streik unterstützten, waren 65 Prozent der Befragten der Ansicht, dass er die Regierung wohl nicht von ihrem Vorhaben abbringen werde.

Arbeitsminister Eric Woerth hatte vor der Rentendebatte im Parlament die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich: 60 Prozent waren in einer am Sonntagabend veröffentlichten Umfrage der Meinung, dass er nicht im Amt bleiben sollte. Woerth war in den vergangenen Wochen in der Affäre Bettencourt in Verruf geraten: Zum einen soll er während Sarkozys Wahlkampf als Schatzmeister der regierenden UMP eine illegale Parteispende der L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt entgegengenommen haben. Zum anderen arbeitete seine Frau für Bettencourts Vermögensverwaltung, während er - damals noch als Haushaltsminister - Steuersündern nachstellte; dies ist pikant, weil Bettencourt dutzende Millionen am französischen Finanzamt vorbei ins Ausland gebracht haben soll.

Proteste vorhersehbar

Die französische Regierung hatte die Rentenreform im Juli verabschiedet. Das Renteneintrittsalter von 60 Jahren soll nun bis 2018 auf 62 Jahre erhöht werden, nachdem der frühere sozialistische Präsident François Mitterrand es 1982 von 65 auf 60 Jahre herabgesetzt hatte. Aus Angst vor wochenlangen Massenprotesten hatte sich seit damals keine Regierung an eine Reform gewagt.

Quelle: ntv.de

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