Schlag in Stuttgart Polizei untersucht Übergriff
07.09.2010, 17:57 UhrDer Streit um Stuttgart 21 wird zunehmend heftiger ausgetragen. Einem Medienbericht zufolge untersucht die örtliche Polizei, ob ein Beamter eine Gegnerin des Bahnhofsbaus geschlagen hat. Ein Kamerateam von n-tv hatte die Räumung des Baumhauses gedreht, bei der es zu dem Übergriff gekommen sein soll.
Der Widerstand gegen den Bau des neuen Stuttgarter Bahnhofes hat nun offenbar auch Konsequenzen für die Polizei. Die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, die Polizei prüfe einen Zwischenfall, der sich in der Nacht bei der Räumung eines Baumhauses im Schlossgarten ereignet hatte. Bilder, die ein Kamerateam von n-tv gedreht hatte, zeigen, wie ein Polizist einer Frau, die offensichtlich gerade mit ihm im Gespräch ist, möglicherweise ins Gesicht schlägt, zumindest aber in Richtung ihres Kopfes zielt.
Wodurch genau der Polizist provoziert wurde, ist noch unklar. Aber auch für die Polizei stehe fest, dass es "eine unangemesse Reaktion des Beamten" war, sagte Polizeisprecher Olef Petersen der Zeitung. Den Beamten werde man dazu noch befragen.
Kei Andrews, Sprecherin bei Robin Wood erklärt den Vorfall so: "Es gab eine Diskussion darüber, die Motoren der Einsatzwagen endlich abzuschalten", sagt sie, "das war alles". Eine Provokation habe es seitens der Demonstranten nicht gegeben.
In der Nacht hatten Polizisten eines Sondereinsatzkommandos das Baumhaus in einer Platane im Schlossgarten geräumt und anschließend niedergerissen. Die Baumbesetzer müssen den Angaben zufolge nun eine Anzeige wegen Nötigung und die Übernahme der Einsatzkosten befürchten. Erst am Freitag hatte Robin Wood das "Widerstandsbaumhaus" errichtet, um gegen das Abholzen von Bäumen für Stuttgart 21 zu demonstrieren.
Überlegungen zu Volksentscheid
Unterdessen haben der SPD-Vordenker Erhard Eppler und die Grünen einen Volksentscheid ins Spiel gebracht. Eppler und weitere Sozialdemokraten begründeten die Forderung nach einem solchen Votum mit der Sorge "um den inneren Frieden" in Stuttgart. Die baden-württembergische SPD will am Mittwoch im Landtag einen konkreten Weg für einen Bürgerentscheid vorstellen.
Wie der "Stern" berichtete, wurde der Appell "Die Spaltung überwinden" auch vom früheren baden-württembergischen Vize-Ministerpräsidenten Dieter Spöri und dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Ernst-Ulrich von Weizsäcker (beide SPD) unterzeichnet. Ein Sprecher der SPD-Landtagsfraktion sagte in Stuttgart, der Appell sei zuvor mit SPD-Landeschef Nils Schmid abgestimmt worden. Der Sprecher betonte aber, dass die SPD das Projekt "Stuttgart 21" weiterhin unterstütze.
Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Winfried Hermann (Grüne), plädierte ebenfalls für einen Volksentscheid. "Das Projekt betrifft inzwischen ganz Baden-Württemberg, belastet den Landeshaushalt mit Milliarden und ist verkehrspolitisch und aus Kostensicht ein absoluter Wahnsinn", sagte Hermann dem "Handelsblatt".
Neues Gesprächsangebot
Stuttgarts Oberbürgermeister Schuster (CDU) erneute das Gesprächsangebot an die Gegner des Bahnhofsprojekts. Sie hatten ein für Freitag angesetzten Dialog, an dem sich auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) beteiligen wollte, mit der Begründung platzen lassen, die Deutsche Bahn wolle bis dahin die Bauarbeiten nicht ruhen lassen.
Schuster sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", er wolle bei dem Gespräch besonders auf "die Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs" eingehen. Es gebe aber rechtlich keine Möglichkeiten mehr, gegen den Bau vorzugehen. "Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat und nicht in einer Stimmungsdemokratie", sagte Schuster.
Quelle: ntv.de, sba/dpa