Im Libanon auf Urlaub Polizisten verhaften Berlusconi-Vertrauten
12.04.2014, 16:35 Uhr
Dell'Utri ließ in einer Erklärung verlauten, er habe nur ein wenig "Zeit der Erholung" gebraucht. Mit einer Flucht habe sein Verschwinden nichts zu tun.
(Foto: picture alliance / dpa)
Er soll der Mittelsmann Berlusconis in Verhandlungen mit der Mafia gewesen sein. Dem Italiener Dell'Utri drohen darum sieben Jahre Haft. Vor dem Urteil verschwindet der vermeintliche Mafiosi spurlos. Aber "nur zu Erholung" teilt er mit. Im Libanon haben ihn nun die Behörden gefasst.
Der kurz vor seiner drohenden Verurteilung abgetauchte Marcello Dell'Utri ist im Libanon verhaftet worden. Der 72-jährige Vertraute des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi befinde sich derzeit in Polizeigewahrsam in Beirut, sagte der italienische Innenminister Angelino Alfano. Italien werde seine Auslieferung beantragen, wie es "natürlich und logisch ist".
Am Freitagabend hatte ein Gericht im sizilianischen Palermo einen europäischen Haftbefehl gegen Dell'Utri ausgestellt. Dieser war wenige Tage vor seiner drohenden rechtskräftigen Verurteilung untergetaucht und galt seit drei Tagen in Italien als unauffindbar. Gegen den langjährigen Weggefährten Berlusconis läuft ein Berufungsprozess wegen Verdachts auf Mafia-Verbindungen. Am Dienstag soll das Urteil der höchsten Berufungsinstanz fallen. In einer vorherigen Instanz wurde Dell'Utri bereits zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Der europäische Haftbefehl gilt in allen Ländern der Europäischen Union und den Ländern, mit denen Italien Auslieferungsabkommen geschlossen hat. Der Hintergrund der Verhaftung ist allerdings noch nicht geklärt, da ein solches Abkommen zwischen Italien und dem Libanon nicht besteht, wie italienische Medien berichten. Zudem soll das Land Dell'Utri einen Diplomatenpass ausgestellt haben.
Dell'Utri genoss Schutz der Cosa Nostra
Der Gesuchte ließ in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung wissen, er wolle sich nicht verstecken, sondern sei "für eine Zeit der medizinischen Behandlung und Erholung im Ausland". Seinen Aufenthaltsort hielt er geheim. Sein Verschwinden löste in Italien heftige Reaktionen aus. Der linksgerichtete frühere Staatsanwalt Ignazio Ingroia sagte, es sei "eine Schande und ungehörig für ein zivilisiertes Land", dass Dell'Utri habe untertauchen können.
Zu der siebenjährigen Haftstrafe war Dell'Utri im März 2013 verurteilt worden. In der Begründung des Gerichts in Palermo hieß es, der Angeklagte habe "als Vermittler eines Paktes zwischen Silvio Berlusconi und der Mafia" fungiert. Demnach genoss der "Cavaliere" zwischen 1974 und 1992 gegen Bezahlung großer Bargeldsummen den Schutz der Cosa Nostra. Dell'Utri war außerdem am Aufbau von Berlusconis Medienimperium sowie von dessen Partei Forza Italia in den frühen 1990er Jahren maßgeblich beteiligt.
Quelle: ntv.de, apo/AFP