Politik

V-Mann-Affäre Post für Karlsruhe

Die Stellungnahme von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung zur Rolle der umstrittenen V-Leute im NPD-Verbotsverfahren ist in Karlsruhe eingetroffen. Eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts bestätigte den Eingang des fast 40 Seiten dicken Schriftstücks, das von Berlin aus per Boten versandt worden war. Die Richter hatten diese Erklärung bis spätestens Montag verlangt, nachdem bekannt geworden war, dass in den Anträgen zum NPD-Verbot auch ehemalige V-Leute des Verfassungsschutzes als Zeugen aufgeführt wurden.

Obwohl das Gericht bereits die Bearbeitung mit besonderer Dringlichkeit angekündigt hat, wird sich der Fortgang des Verfahrens voraussichtlich erst in einigen Wochen entscheiden. Zunächst erhält die NPD Gelegenheit, sich zu dem Schriftsatz zu äußern. Erst danach könne die eigentliche Prüfung beginnen. Dabei müssten vor allem inhaltliche und prozessuale Fragen im Zusammenhang mit der V-Mann-Problematik geklärt werden.

In dem Schriftsatz wird der Einsatz der V-Leute als rechtmäßig bezeichnet. Die gewonnenen Informationen über die NPD seien beweiskräftig.

Stellungnahme umstritten

Am Freitag hatten sich die Prozessbevollmächtigten von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Nachdem die Fraktionen von Union, FDP und PDS erklärten, sie würden die Stellungnahme nicht mittragen, müssen SPD und Grüne die Erklärung allein verantworten.

Allerdings kommt auch aus den Reihen der Koalition Kritik: Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte, die Stellungnahme sei gerade "dort schwach, wo die Problematik der V-Leute angesprochen wird". Sie lasse die entscheidende Frage offen, ob Teile der NPD vom Geheimdienst gesteuert wurden. Dem widersprach jedoch umgehend Ströbeles Parteikollege Cem Özdemir. Der Grünen-Innenexperte betonte, er habe volles Vertrauen darauf, dass die Antragssteller in Karlsruhe erfolgreich sein würden.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) kritisierte, die Debatte um die Pannen beim NPD-Verbotsverfahren werde unter "völlig falschen Prioritäten" geführt. Das Problem sei nicht die Bewertung der V-Leute in den Anträgen, sondern die Ausrichtung der NPD, dagte Fischer der Tageszeitung "Die Welt".

SPD wirft Opposition "kleinkarierte Mäkelei" vor

Im Streit um das NPD-Verbotsverfahren hat der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Ludwig Stiegler, der Union und FDP "erbärmliche und kleinkarierte Mäkelei" vorgeworfen und beide Parteien in einen Zusammenhang mit der Ermächtigung Hitlers im Jahre 1933 gestellt.

Ihre Mäkeleien an dem Verfahren seien "unbegründet und ärgerlich", erklärte Stiegler. Zugleich plädierte er dafür, die von Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag eingereichten Verbotsanträge weiter zu verfolgen. Gerade bei CDU/CSU und FDP, deren Vorläuferparteien Hitler zunächst verharmlost und dann mit an die Macht gebracht hätten, müsste "die historische Schuld alle denkbaren Aktivitäten auslösen, wenigstens heute schon den Anfängen zu wehren".

Als "töricht und für manche geradezu lebensgefährlich" bezeichnete er Vorschläge, V-Leute des Verfassungsschutzes zu enttarnen. Damit würden diese "der Geschwätzigkeit der Opposition preisgegeben". Der gemeinsame Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten lege eindeutig dar, dass der Verfassungsschutz keine "agents provocateurs" eingesetzt habe. Daher könnten die vorliegenden Erkenntnisse voll gewertet werden.

Die Opposition reagierte mit Empörung auf Stieglers Äußerungen. CDU-Parteichefin Angela Merkel sagte bei n-tv, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe "die Verantwortung, die Ehre der CDU wieder klarzustellen". Die Äußerungen seien unsäglich und entsprächen auch nicht der historischen Wahrheit. Auch Unions-Fraktionschef Friedrich Merz verlangte eine Entschuldigung der SPD. Ansonsten sei "das Tischtuch zwischen uns für vernünftige gemeinsame Gespräche zerschnitten".

Quelle: ntv.de

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