Eklat um Zuwanderung Post für Rau
26.03.2002, 00:05 UhrDie Union will Bundespräsident Johannes Rau nach der umstrittenen Abstimmung zur Zuwanderung im Bundesrat einen "besonnenen und sachlichen" Brief schicken. Dies kündigte der gemeinsame Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Edmund Stoiber (CSU), an. In dem Schreiben sollten die aus Sicht der Union maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte erläutert werden. Im Kern solle es um die Frage der uneinheitlichen Stimmabgabe des Landes Brandenburg gehen.
Stoiber forderte, die Debatte über das Zuwanderungsgesetz wieder in sachliche Bahnen zu lenken. "Wir haben Vertrauen in die Unabhängigkeit des Amtes des Bundespräsidenten", erklärte der CSU-Politiker. Erst nach Raus Entscheidung darüber, ob er das Gesetz unterzeichnet, werde die Union über einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht befinden.
"Keine Inszenierung"
Erneut wies Stoiber den Vorwurf, die Ministerpräsidenten der Union hätten ihre Empörung über die Vorgänge im Bundesrat bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz inszeniert, zurück. "Wir haben uns selbstverständlich auf alle Möglichkeiten vorbereitet, aber es wurden keine Rollen verteilt und keine Inszenierung vorbereitet", sagte Stoiber.
Auch Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU), dessen Äußerungen für Zweifel an der Spontanität der Unions-Reaktion im Bundesrat gesorgt hatten, relativierte. Er sei "böswillig" fehlinterpretiert worden. Er habe lediglich deutlich machen wollen, dass es legitim sei, auf einen "kaltschnäuzigen Verfassungsbruch" auch "mit theatralischen Mitteln" zu antworten. Am Montag hatte Müller zu der Empörung im Bundesrat erklärt: "Das war Theater, aber legitimes Theater."
Brandenburg berät Folgen
In Brandenburg verdichten sich die Anzeichen für eine Fortführung der großen Koalition trotz des Eklats im Bundesrat. Der Innenminister und CDU-Vorsitzende des Landes, Jörg Schönbohm, sagte, seine Partei wolle an dem Bündnis festhalten. Gleichwohl gebe es mit der SPD einiges im Hinblick auf deren Verlässlichkeit zu besprechen. Eine endgültige Entscheidung werde jedoch wahrscheinlich erst nach Ostern fallen.
Brandenburgs SPD-Chef Matthias Platzeck sprach sich ebenfalls für eine Fortsetzung der Koalition aus. Die Meinungsunterschiede sollten im Koalitionsausschuss ausgeräumt werden. Das Gremium tagt an diesem Donnerstag.
Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hatte am Freitag dem Zuwanderungsgesetz zugestimmt, obwohl Schönbohm dagegen war, und damit den Koalitionsvertrag gebrochen.
Schily kritisiert Herzog
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog (CDU) wegen dessen Äußerungen zum Zuwanderungsgesetz kritisiert. Herzog hatte Bundespräsident Johannes Rau geraten, das Gesetz nach der umstrittenen Bundesratsabstimmung nicht zu unterzeichnen.
Schily sagte dazu der Wochenzeitung "Die Zeit ": "Roman Herzog als ehemaliger Bundespräsident wäre gut beraten, sich mehr Zurückhaltung aufzuerlegen. Welche Auffassung richtig ist, entscheidet sich nicht danach, wer welches Amt früher inne hatte, sondern welche Argumentation die schlüssigste ist." Herzog hatte der Zeitung "Die Welt" gesagt, das Zuwanderungsgesetz sei "nicht auf grundgesetzmäßige Weise zustande gekommen".
Quelle: ntv.de