"Kerry lügt, und er weiß, dass er lügt" Putin heizt vor G20 die Stimmung an
04.09.2013, 21:03 Uhr
Noch am Morgen hatte Putin kompromissbereit geklungen.
(Foto: imago stock&people)
Beim G20-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Sankt Petersburg liegen die Chancen auf eine politische Lösung des Syrien-Konflikts praktisch bei Null. Russlands Präsident Putin nennt Beweise der USA für einen Giftgasangriff des Assad-Regimes "Unsinn" und liefert stattdessen Beweise für einen Giftgasangriff der Rebellen. US-Präsident Obama gewinnt derweil weitere Unterstützer für einen möglichen Militärschlag.
Der Auswärtige Ausschuss des US-Senats hat sich für einen Militärschlag gegen Syrien ausgesprochen. Die Vertreter des Komitees stimmten zehn zu sieben dafür, Präsident Barack Obama grünes Licht für einen Einsatz in dem Bürgerkriegsland zu geben. Das Votum ebnet den Weg für eine Abstimmung über Obamas Vorhaben im gesamten Senat, mit der in der kommenden Woche gerechnet wird.
Die Zustimmung in dem von Obamas Demokraten kontrollierten Senat gilt als wahrscheinlich. Ungewisser ist dagegen der Ausgang im Repräsentantenhaus, wo die Republikaner die Oberhand haben.
Derweil hat Russland unmittelbar vor dem G20-Gipfel in St. Petersburg den Ton im Streit mit den USA über die Syrien-Krise verschärft. Präsident Wladimir Putin warf US-Außenminister John Kerry vor, den Kongress in Washington über die Rolle der Al-Kaida im Bürgerkrieg belogen zu haben. "Er lügt, und er weiß, dass er lügt", sagte Putin in Moskau. "Es ist traurig."
Noch am Morgen hatte Putin grundsätzlich Kompromissbereitschaft signalisiert, indem er im UN-Sicherheitsrat die Zustimmung zu einem Militärschlag nicht ausschloss, insofern es Beweise für die Verantwortung der syrischen Regierung gebe.
Am Abend hieß es dann, die russische Regierung gehe davon aus, dass die Rebellen im syrischen Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt haben. Moskau stützt sich seinerseits auf einen Expertenbericht, nach dem eine bei einem Giftgaseinsatz in der Stadt Aleppo im März benutzte selbst hergestellte Waffe baugleich mit ähnlichen Waffen ist, die von den Aufständischen hergestellt würden. Das Außenministerium legte zudem in einer Erklärung nahe, dass entsprechende russische Erkenntnisse ignoriert worden seien. Zudem wurde beklagt, dass diejenigen Staaten, die die Regierung von Präsident Baschar al-Assad hinter dem Giftgaseinsatz vom August sehen, Hinweise auf eine Urheberschaft der Rebellen herunterspielten.
Treffen Putin-Obama erwartet

Obama wird Putin wohl kaum eine Zustimmung zu einem Militärschlag gegen die Assad-Armee abringen können.
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An diesem Donnerstag kommen in St. Petersburg die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zusammen. Erwartet wird, dass das eigentlich von Wirtschaftsthemen dominierte Treffen von der Syrien-Krise überlagert wird. Die US-Regierung ist entschlossen, Syrien notfalls auch ohne UN-Mandat anzugreifen. Putin warnte vor einem solchen Vorgehen und erklärte, dies käme einem Akt der Aggression gleich. Die syrische Regierung weist den Vorwurf zurück, Giftgas eingesetzt zu haben.
Putin verwies auf Kerrys Aussage zur Rolle der Al-Kaida im Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad. Der Minister habe auf Anfrage eines Abgeordneten erklärt, die Al-Kaida sei nicht beteiligt. "Sie lügen natürlich wunderschön", sagte Putin. Die Kämpfer der Al-Kaida seien militärisch gesehen die wichtigste Säule des Aufstandes. Das wüssten auch die Amerikaner. Kerry war von einem Senator gefragt worden, ob es "im Wesentlichen wahr" sei, dass die syrische Opposition im Laufe der Zeit von der Al-Kaida unterwandert worden sei. "Nein, das ist eigentlich im Wesentlichen nicht wahr. Es ist im Wesentlichen falsch", antwortete er.
Berlin sieht kein Zeichen für ein Einlenken Russlands
Zuvor hatte Putin in einem Interview erklärt, Russland könne einem militärischen Einsatz mit UN-Mandat zustimmen, sollten Beweise für einen Giftgas-Angriff der syrischen Regierung vorliegen. Allerdings betonte er seine Zweifel, dass hinter dem mutmaßlichen Chemiewaffen-Einsatz Ende August die Assad-Regierung stehe. Russland hat im UN-Sicherheitsrat ein Veto-Recht und schützt damit seine Verbündeten in Damaskus vor Resolutionen.
"Es sieht derzeit sehr wenig nach einem russischen Einlenken aus", erklärte in Berlin Regierungssprecher Steffen Seibert. Das Auswärtige Amt kündigte an, Außenminister Guido Westerwelle werde Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Russland begleiten, um dort mit einigen Kollegen am Rande über das Syrien-Thema zu sprechen.
Obama spricht erneut von Beweisen
Obama bezeichnet es als erwiesen, dass die syrische Regierung für den Gasangriff am 21. August nahe Damaskus verantwortlich ist, bei dem Hunderte Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Er erklärte in Schweden auf dem Weg zum G20-Treffen, die Glaubwürdigkeit der Staatengemeinschaft stehe auf dem Spiel. Er werde nicht die Fehler wiederholen, die zum Einmarsch der USA in den Irak geführt hatten, versicherte er. Frankreichs Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault sagte vor dem Parlament in Paris, es gehe um die Glaubwürdigkeit der internationalen Gemeinschaft bei der Frage der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Die Botschaft an Staaten wie Iran und Nordkorea wäre ohne einen Angriff klar: "Ihr könnt weitermachen."
Bei dem seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien sind schätzungsweise mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen. Nach UN-Angaben ist mittlerweile fast ein Drittel der Bevölkerung auf der Flucht.
Quelle: ntv.de, ppo/rts/dpa