Politik

Raussschmiss durch Rücktritt Putsch gegen Möllemann

Dem nordrhein-westfälischen FDP-Chef Jürgen W. Möllemann droht ein "Putsch" seines eigenen Landesvorstands. Die stellvertretende Landesvorsitzende Ulrike Flach bestätigte der Nachrichtenagentur dpa am Freitag, dass ein Rücktritt des Landesvorstands von Parteifreunden erwogen werde. Wenn mindestens die Hälfte der 31 stimmberechtigten Vorstandsmitglieder zurückträte, müssten Neuwahlen auf einem Sonderparteitag herbeigeführt werden.

Der Landesvorstand tritt am Montagabend in Düsseldorf zu einer Sondersitzung zusammen, um den Vorwurf zu klären, Möllemann habe gegen das Parteiengesetz verstoßen. Ihm wird vorgeworfen, 840.000 Euro an teilweise anonymisierten Wahlkampfspenden gegen die gesetzlichen Bestimmungen auf einem Sonderkonto gebunkert zu haben. Auch Bundesparteichef Guido Westerwelle wird zur Vorstandssitzung erwartet.

Neuauflage '94?

Möllemann war bereits 1994 nach permanenten Querschüssen gegen den damaligen FDP-Bundeschef Klaus Kinkel in einer nächtlichen Vorstandssitzung überraschend gestürzt worden. "Das Modell von 1994 ist in den Köpfen einiger Kollegen", bestätigte Flach. Auch sie selbst weise diese Möglichkeit nicht mit Empörung von sich, sagte die Bundestagsabgeordnete. "Man muss dieses Mittel mit einbeziehen, wenn man sich Möllemann nicht total ausliefern will." Flach forderte Möllemann auf, sich noch im Laufe dieses Wochenendes der Partei gegenüber zu äußern. Wenn er den Landesverband handlungsunfähig macht und er immer tiefer in die Affäre hineinschlittert, dann sei ein Sturz des erkrankten Parteichefs "die einzige Möglichkeit".

Freunde um Möllemann sind offenbar wirklich rar gesät, dafür gibt es jede Menge verbale Ausrutscher. "Möllemann ist kein Quartalsirrer. Die Zyklen sind viel kürzer", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dirk Niebel, der "Rhein-Neckar-Zeitung".

Zuvor hatte bereit Westerwelle "unverzügliche Aufklärung" von Möllemann verlangt. Falls die bisher bekannten Fakten über die Finanzierungt eines Flugblattes Möllemanns tatsächlich zuträfen, wäre das ein "kapitaler Vorgang " und "schockierend", sagte Westerwelle in Berlin. Westerwelle zufolge muss die Erklärung Möllemann bis zum Montagabend zur Sitzung des NRW-Landesvorstands vorliegen. Das sei nicht zu viel verlangt, schließlich schreibe Möllemann trotz Krankheit schon wieder Briefe und empfange die Presse.

Möllemann: Gesundheit vor Aufklärung

Möllemann sieht das nicht so und will erst nach seiner Genesung von einer Herz-Rhythmus-Störung Stellung nehmen. Dies werde ärztlicherseits für frühestens Ende November erwartet. Gleichwohl ließ Möllemann seinen Sprecher erklären, es sei nicht ersichtlich, welchen Rechtsverstoß ihm Parteischatzmeister Günter Rexrodt vorwerfe. Nach seiner Genesung werde er zu "den wirklich unglaublichen Erklärungen" in der gebotenen Klarheit "alle offenen Fragen" beantworten.

Rexrodt: Verstoß gegen das Parteiengesetz

Hintergrund der scharfen Auseinandersetzung ist die Finanzierung eines anti-israelischen Wahlkampf-Flugblatt Möllemanns. Er habe das Parteiengesetz verletzt, behauptet Rexrodt. Dies habe eine Prüfung durch Sachverständige ergeben. Laut Rexrodt handelt es sich um 145 Einzelspenden in Höhe von je 1.000 bis 8.000 Euro, die alle in bar und größtenteils anonym auf Verrechnungskonten bei 14 Banken eingezahlt wurden. Das Parteiengesetz lässt anonyme Spenden lediglich bis 500 Euro zu. Hier liege der Verstoß.

Nach eigenen Angaben informierte Rexrodt auch den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der die Prüfung der Flugblatt-Finanzierung kürzlich von der FDP gefordert hatte. Die FDP weise die Spenden zurück, sagte der Schatzmeister. Zu diesem Zweck sollen die Spender ausfindig gemacht werden.

Staatsanwalt prüft Ermittlungsverfahren

Unterdessen hat hat sich die Staatsanwaltschaft in die Affäre eingeschaltet. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft prüfe derzeit, ob gegen Möllemann ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Parteiengesetz eingeleitet werde, bestätigte Behördensprecher Johannes Mocken.

Die Dauer der Prüfung sei wegen des komplexen Sachverhalts offen. Sollte sich ein Anfangsverdacht ergeben, muss die Aufhebung der Immunität des Landtagsabgeordneten und Fraktionschefs Möllemann beantragt werden, bevor ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden kann.

Quelle: ntv.de

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