Politik

Wahlkampf im Iran nimmt Wendung Rafsandschani will zurück ins Amt

Der frühere iranische Staatschef Rafsandschani will für die Präsidentenwahl am 14. Juni kandidieren. Der 78-Jährige gilt als vergleichsweise moderat. Für das geistige Oberhaupt des Iran, Ali Chamenei, könnte die Kandidatur zum Problem werden - und der Wahlkampf könnte spannend werden.

Ex-Präsident Rafasandschani bringt mit seienr Kandidatur Schwung in den iranischen Wahlkampf.

Ex-Präsident Rafasandschani bringt mit seienr Kandidatur Schwung in den iranischen Wahlkampf.

(Foto: picture alliance / dpa)

In den Kampf um das Präsidentenamt im Iran ist Bewegung gekommen. Bei der Registrierung für die Wahl am 14. Juni reichte Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani kurz vor Ablauf der Anmeldefrist seine Bewerbung ein. Die Kandidatur des charismatischen Klerikers könnte den bislang spannungsarmen Wahlkampf auf den Kopf stellen.

Rafsandschani wurde in den vergangenen vier Jahren de facto zum Oppositionsführer, insbesondere wegen seiner harschen Kritik an Präsident Mahmud Ahmadinedschads Politik. Unterstützung bekommt er auch von der Seite der Reformer. Deren Lieblingskandidat, der ehemalige Präsident Mohammed Chatami, hat seinen Verzicht auf eine Kandidatur schon erklärt. Er appellierte längst an seine Anhänger, den 78-jährigen Rafsandschani zu wählen. Viele Menschen erhoffen sich nun von Rafsandschani, er könne das Land nach acht Jahren Ahmadinedschad aus der Krise führen.

Dabei ist Rafsanjani kein typischer Reformer. Er gehört zum religiösen Establishment, gilt als pragmatisch konservativ, offen für vielfältige Ansichten, speziell auch für die Beziehung des Irans zur westlichen Welt. Das Präsidentenamt hat er bereits bekleidet. Von 1989 an acht Jahre lang war er Architekt der islamischen Republik. 2005 kandidierte er erneut, unterlag jedoch im zweiten Wahlgang Ahmadinedschad.

Ahmadinedschad schickt Zögling vor

Ahmadmadinedschad selbst darf nach zwei Legislaturperioden nicht mehr kandidieren. Dafür schickt er seinen Vertrauensmann Esfandiar Rahim Maschaei bei der Wahl ins Rennen. Hand in Hand mit Ahmadinedschad zeigte sich Maschaei bei seiner Registrierung siegessicher: "Ich verfolge exakt die gleiche Politik wie Ahmadinedschad." Der Präsident fügte hinzu: "Maschaei ist Ahmadinedschad, Ahmadinedschad ist Maschaei."

Vom konservativen Lager bewarben sich Ex-Außenminister Ali Akbar Welajati und der Teheraner Bürgermeister. Welajati galt bislang als einer der Topfavoriten. Als Berater des geistigen Oberhauptes des Iran, Ali Chamenei, werden im gute Chancen zugesprochen, Nachfolger von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zu werden. Er hatte im Vorfeld seiner Registrierung Kritik an Ahmadinedschads Atompolitik geübt und den Atomstreit als lösbar bezeichnet.

Im konservativen Lager gibt es heute allerdings auch viele Kandidaten, die einst politische Schützlinge Rafsandschanis gewesen sind. Deren Rückzug kann nun nach der Kandidatur Rafsandschanis nicht geschlossen werden. Dementsprechend wird es wohl ein erneutes Kräftemessen zwischen Rafsandschani und Ahmadinedschads Vertrauensmann geben. Die Wahl gilt auch als Stimmungstest dafür, wie stark die Position Chameneis und damit der geistlichen Oberschicht in der Islamischen Republik noch ist.

Wächterrat prüft Kandidaten

Unter den Bewerbern sind aus dem Reformlager außerdem der frühere Atomchefunterhändler Hassan Ruhani und Ex-Vizepräsident Mohammed Resa Aref. Auch 30 Frauen wollen sich für das Präsidentenamt bewerben.

Jeder der mehr als 450 Kandidaten muss allerdings noch eine minutiöse Prüfung über sich ergehen lassen. Der Wächterrat überprüft bei jedem die ideologische Qualifikation, Loyalität zum System und akademische Bildung. Erst nach Bestätigung des Wächterrats, voraussichtlich gegen Ende des Monats, kann der Wahlkampf offiziell beginnen. Laut Wahlgesetz kann sich jeder Iraner bewerben, der die drei Bedingungen erfüllt. Beobachter erwarten, dass der Wächterrat rund 90 Prozent der Kandidaten von der Liste streichen wird, bis am Ende vermutlich rund 30 Kandidaten übrig bleiben.

Präsident als zweithöchster Amtsträger

Der Präsident ist in der Islamischen Republik Iran der zweithöchste Amtsträger. Der iranischen Verfassung nach ist der Präsident Herr über die Exekutive. Er sorgt dafür, dass die Richtlinien der Verfassung umgesetzt werden. Seine Macht wird eingeschränkt vom geistlichen Oberhaupt des Staats. Er kontrolliert die Armee und entscheidet in Fragen von Sicherheit, Verteidigung und wesentlichen außenpolitischen Angelegenheiten.

Dieses Machtverhältnis liegt historisch im Gedankengut des Gründers der iranischen Republik begründet. Mit der arabischen Revolution von 1979 musste der Schah einer ultra-konservativen geistlichen Elite weichen. Ayatollah Chomeini war damals politischer wie spiritueller Führer des Aufstands. Er gilt als Gründer der Republik und ihm ist auch die geistliche Übermacht im Staat zuzurechnen.

1997  kam mit Mohammad Chatami ein Reformer an die Macht. Zwei Legislaturperioden lang war die Wählerschaft geduldig. Dann strafte sie das liberale Lager ab. Seine Stimmen hatte er insbesondere von weiblichen und jungen Wählern erhalten, deren Rechte er stärken wollte. Seine Reformbestreben wurden jedoch massiv von Religionskonservativen blockiert. Seine Wähler wandten sich enttäuscht ab.

Seitdem verteilen Konservative die Macht in der Regel unter sich. Die Iraner dürften zwar ihren Unmut äußern, so die Bundeszentrale für Politische Bildung (BPB). Aber der geringste Versuch, oppositionelle Strukturen zu schaffen, werde gnadenlos zerschlagen.

Auch bei Protesten der Grünen Bewegung von 2009 habe der iranische Repressionsapparat effizient gegriffen, heißt es bei der BPB weiter. Wo die Jugend sich dank moderner Kommunikationsmittel als Anwärter auf die politische Zukunft betrachtete, schaltete der Staat die Mobilfunk-Netze ab, kontrollierte die größten Internet-Provider, drosselte die Übertragungsgeschwindigkeit des Netzes und sammelte personenbezogene Daten. Im Moment leidet der Iran vor allem unter der schweren Wirtschaftskrise und den internationalen Sanktionen.

Quelle: ntv.de, ame/dpa/Reuters/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen