Diskussion über Verbot Range: NSU nicht Arm der NPD
09.02.2012, 16:04 Uhr
NSU und NPD - was haben sie organisatorisch miteinander zu tun?
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Generalbundesanwalt Range dämpft die Idee von einem schnellen Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD. Grund: Zwar habe es nach dem bisherigen Kenntnisstand Kontakte zwischen der Partei und der Zwickauer Terrorzelle gegeben – doch eine entscheidende Rolle hätten diese nicht gespielt.

Generalbundesanwalt Range sagt: Die Verflechtung ist nicht sehr groß.
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Generalbundesanwalt Harald Range hat Hoffnungen über ein rasches erfolgreiches Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD gedämpft. Einen direkten Zusammenhang zwischen der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und der NPD mit Bezug auf die NSU-Taten sehe er derzeit nicht, sagte Range in einer Talksendung. "Es ist nach unseren Erkenntnissen nicht so, dass die NSU der militante Arm der NPD wäre."
Verbindungen bei einigen Verdächtigen seien zwar augenscheinlich. "Das zu werten müssen dann andere entscheiden", sagte Range. Ein Zusammenhang sei zwar noch nicht endgültig einzuschätzen. "Aber ich wage die Prognose, dass das keine entscheidende Rolle gespielt hat und auch nicht spielt."
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will auf einer Sonder-Innenministerkonferenz am 22. März "einen Kriterienkatalog für eine neue Beweisführung mit dem Ziel eines NPD-Verbotsantrages beim Bundesverfassungsgericht" vorlegen. Der "Leipziger Volkszeitung" sagte er, falls sich herausstelle, dass die NSU "eine Art militärischer Arm der NPD war, dann könnte es mit dem Verbot sehr schnell gehen". Falls es sich nur um ideologische Partner handele, "würde es deutlich schwieriger".
Nach Ranges Einschätzung hatte die Zwickauer Terrorgruppe keinen Kontakt zu Verbindungsleuten des Verfassungsschutzes. "Es wird die Strategie dieser Leute gewesen sein, sich so weit abzuschotten, dass man nicht mit V-Leuten in Kontakt kommt."
Der Generalbundesanwalt machte deutlich, dass er keinen Zweifel an der Notwendigkeit eines Einsatzes von V-Leuten habe: "Insbesondere dort, wo es nicht einfach ist, andere Beweise zu erheben, ist es manchmal die einzige Möglichkeit, in den inneren Kreis von Tätern vorzudringen."

Die Forderungen nach einem Verbot der rechtsextremen NPD sind allerdings wieder verstärkt zu hören.
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Der Deutsche Städtetag forderte unterdessen dringend ein Verbot der rechtsextremen NPD und ihr nahe stehender Organisationen. Rechtsextremismus werde in den Kommunen immer häufiger sichtbar, sagte Städtetagspräsident Christian Ude (SPD). Ein Verbot helfe den Städten und Gemeinden, diesem Problem zu begegnen. Rechtsextreme Demonstrationen und Veranstaltungen könnten dann leichter untersagt und verhindert werden.
Ude rief die Kommunen auf, Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu gründen. Zusätzlich sollten sich kommunale Ordnungsämter bundesweit vernetzen und gemeinsam Strategien gegen rechtsextreme Aufmärsche entwickeln.
Welche Pannen gab es?
Der Neonazi-Untersuchungsausschuss im Bundestag beschloss indes bei seiner ersten regulären Sitzung 38 Beweisanträge und den Fahrplan für die ersten Wochen. In den beiden letzten Märzwochen sollen Sachverständige zu den Themen Entwicklung des Rechtsextremismus und gegenwärtige Struktur der Sicherheitsbehörden angehört werden.
Zudem wollen die Abgeordneten die Ombudsfrau für die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle, die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John, einladen, um Informationen aus Sicht der Opfer zu erhalten. Nach Ostern will der Ausschuss mit der Beweisaufnahme beginnen.
Den Neonazi-Terroristen werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin vorgeworfen. Die entscheidende Frage ist, warum die Sicherheitsbehörden die Rechtsextremisten nicht im Visier hatten.
Der Untersuchungsausschuss des Bundestags soll klären, wie es zu den Morden und Raubzügen der Zwickauer Terrorgruppe kommen konnte, welche Pannen es bei Sicherheitsbehörden gab und wie Pannen künftig vermieden werden können. Zur Aufarbeitung möglicher Defizite war am Mittwoch auch eine vierköpfige Bund-Länder-Regierungskommission eingesetzt worden.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP