Zuwanderungsgesetz Rau hat unterzeichnet
20.06.2002, 00:01 UhrBundespräsident Johannes Rau hat das umstrittene rot-grüne Zuwanderungsgesetz unterzeichnet. In einer Erklärung sagte er in Berlin, er habe das Dokument am Morgen "nach Abwägung aller Gesichtspunkte" unterschrieben. Das Gesetz kann damit am 1. Januar 2003 in Kraft treten. Es soll die Zuwanderung neu regeln und steuern.
Rau sagte, der Bundespräsident könne seine Unterschrift unter ein Gesetz nur verweigern, "wenn zweifelsfrei und offenkundig ein Verfassungsverstoß vorliegt". Er habe das Gesetz "sorgfältig auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft" und sei zu der Überzeugung gelangt, dass ein Verfassungsverstoß "im vorliegenden Fall" nicht vorliege. Rau betonte, wer für eine Überprüfung des Zuwanderungsgesetzes in Karlsruhe sei, "dem steht der Weg dafür offen".
Union ruft Karlsruhe an
Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber sieht die Union im Streitum das Zuwanderungsgesetz bestätigt. Die Aufforderung von Bundespräsident Johannes Rau, das Zustandekommen des Gesetzes vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen, belege die erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken, sagte der bayerische Ministerpräsident.
Fünf unionsgeführte Bundesländer kündigten umgehend an, eine Normenkontrollklage gegen das Gesetz anzustrengen. Dazu gehören Bayern, Hessen, Sachsen, Thüringen und das Saarland. Im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl will die Union das rot-grüne Gesetz durch ein anderes ersetzen.
Rau "rügt" Stolpe
Mit scharfen Worten rügte Rau den Abstimmungsstreit zum Zuwanderungsgesetz im Bundesrat. Die Sitzung habe dem Staat und der Politik Schaden zugefügt und einen "verheerenden Eindruck" auf viele Menschen gemacht. Ausdrücklich rügte er das Verhalten von Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), seines Stellvertreters und anderer, die das Gesetz für eine politische Machtprobe missbraucht hätten.
Die rechtlich höchst umstrittene Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes hatte am 22. März zu einem bisher einmaligen Eklat im Bundesrat geführt. Ausschlaggebend war ein so genanntes geteiltes Votum des Landes Brandenburg, das Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) als Zustimmung wertete: Er berief sich dabei auf Artikel 51 des Grundgesetzes, nach dem ein Land nur einheitlich abstimmen kann - und erkannte das Ja von Stolpe als maßgeblich an. Zwei Landesminister hatten zuvor gegensätzlich votiert, einer mit Ja, einer mit Nein.
Industrie begrüßt Zuwanderungsgesetz
Die Deutsche Industrie hat die Entscheidung Raus ausdrücklich begrüßt. Die Wirtschaft brauche dringend Fachkräfte und Spezialisten, um im Wettbewerb mit anderen Nationen mithalten zu können, teilte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, mit. Er verwies auf die guten Erfahrungen, die man bereits mit der Green Card gemacht habe. Durch jeden qualifizierten Zuwanderer entstünden durchschnittlich 2,5 neue Arbeitsplätze.
Quelle: ntv.de