"Unsere erste Devise lautet Sparen" Raúl Castro wird 80
03.06.2011, 08:19 UhrVon revolutionärer Romantik ist nicht viel übrig geblieben. Und auch pathetische Parolen spart man sich lieber. Denn zum 80. Geburtstag von Staatschef Raúl Castro steckt Kuba in der Krise. Auch die angekündigten Reformen stocken. Kein Wunder, dass sich Fidels jüngerer Bruder nach der Rente sehnt.
Die großen revolutionären Ziele sind aus dem kubanischen Alltag verschwunden. Plakate mit dem Inhalt: "Sozialismus oder Tod" sind im Museum der Revolution, dem ehemaligen Präsidentenpalast, zu sehen. In den Straßen backt die kubanische Propaganda kleine Brötchen. "Raul: Unsere erste Devise lautet Sparen", steht auf einem der ganz seltenen Großplakate dieser Tage in Havanna.
Der Autor dieses ernüchternden Satzes, Raúl Castro, wird nun 80 Jahre alt. Er hat 2006 die Führung des einzigen kommunistischen Landes in Amerika aus den Händen seines erkrankten Bruders Fidel Castro übernommen. Ein halbes Jahrhundert war Raúl der Stellvertreter Fidels, stand in seinem langen Schatten. Jetzt, da Fidel alle seine Ämter niedergelegt hat, ist Raúl Staats- und Regierungschef, Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und Oberkommandierender der Streitkräfte.
"Das ist wirklich schade, dass ich nicht schon in Rente gehen kann", scherzte Castro kürzlich. Aber er müsse machen, was die Kommunistische Partei entschieden habe. Die hatte ihn auf einem Kongress im April auch offiziell zum Nachfolger seines Bruders bestimmt. Allerdings kritisierte Raúl Castro schon damals, dass es "eine Schande" sei, dass kein Jüngerer dieses Amt übernehmen könne.
Weltwirtschaftskrise, Unwetterkatastrophen, Korruption
Denn es ist ein schwieriges Erbe. Weltwirtschaftskrise, Unwetterkatastrophen, aber auch Korruption und die unproduktive Planwirtschaft haben Kuba an den Rand des Bankrotts geführt. Schon als er im Frühjahr 2008 offiziell zum Präsidenten bestimmt wurde, kündigte Raúl Änderungen an, um den Kubanern den Alltag zu erleichtern. Doch bis heute sind trotz erster Reformen in Richtung Privatwirtschaft kaum Änderungen festzustellen. Private wirtschaftliche Aktivitäten kommen nur schleppend in Gang.
Raúl ist nach Ansicht von politischen Analysten ohne Alternative in Kuba. Dafür hat er, der frühere Verteidigungsminister und Fünf-Sterne-General, vorausschauend in den vergangenen Jahren immer mehr Militärs in führende Positionen in Staat und Wirtschaft kommandiert. Es wird geschätzt, dass Generäle und Offiziere mit 35 Prozent der Staatsunternehmen 60 Prozent der Deviseneinnahmen Kubas erwirtschaften.
Die Unterstützung Fidels hatte Raúl, und niemand anders. Nicht weil er sein Bruder sei, sondern aufgrund seiner "Verdienste und Erfahrung", habe er ihn zum Nachfolger bestimmt", schrieb Fidel im März dieses Jahres in einem seiner Kommentare, in dem er auch seinen Rücktritt von der Parteiführung mitteilte.
"Ich bin ein einfacher Soldat"
Raul wurde am 3. Juli 1931 in Biran im Osten Kubas geboren. Er war 22 Jahre alt, als er 1953 unter der Führung Fidels an dem Angriff auf die Moncada-Kaserne teilnahm. Damals wurde er festgenommen, und da er zunächst glaubte, Fidel sei umgekommen, erklärte er sich zum Führer der Bewegung. "Aber da Fidel am Leben geblieben war, war alles wieder an seinem Platz", sagte er vor Gericht. "Ich bin ein einfacher Soldat, der eine Position und eine Aufgabe hat."
Die Castros wurden zu langen Haftstrafen verurteilt, kamen nach einer Amnestie 1955 frei, gingen ins Exil nach Mexiko und kehrten in Begleitung ihrer Mitstreiter Anfang Dezember 1959 mit dem Boot "Granma" nach Kuba zurück, um den Diktator Fulgencio Batista zu stürzen. Zwei Monate später hatte die Revolution gesiegt. Von da an war Raúl Chef der Revolutionären Streitkräfte und wurde in allen Führungspositionen Fidels Stellvertreter.
An der Treue zur Sache der Revolution ließ er nie Zweifel aufkommen. So ließ er 1989 den populären General Arnoldo Ochoa wegen angeblicher Verstrickung in den Drogenhandel verurteilen und hinrichten. Kritiker behaupteten seinerzeit, dies sei die Art gewesen, wie sich Castro möglicher Rivalen entledigt habe. Auch im Umgang mit Oppositionellen und Dissidenten ist Raúl nie zimperlich gewesen. Zwar kamen die meisten der 2003 verhafteten 75 Dissidenten im vergangenen Jahr frei, sie mussten aber das Land verlassen und in Spanien Asyl ersuchen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP