Friedensverhandlungen im Südsudan Rebell hofft auf seine Chance
06.01.2014, 22:06 Uhr
Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir (l.) im Gespräch mit Südsudans Vize-Präsident James Wani Igga (r.).
(Foto: dpa)
In Äthiopien verhandeln verfeindete Gruppen aus dem Südsudan über Frieden. Ein bizarres Bild: Noch vor kurzem zogen die Verhandlungsführer schwer bewaffnet durch den Busch, jetzt geben sie sich im feinen Zwirn diplomatisch. Die Verhandlungen sind zäh. Vor allem einer kann davon profitieren.
Die beiden Szenarien könnten unterschiedlicher nicht sein: Eines spielt auf den staubigen Straßen des Südsudans, wo schwere Kämpfe toben und Panzer auf den Feind zurollen, der bis vor wenigen Wochen noch Freund war. Blut, Hass, Gewalt und grenzenloses Elend der Flüchtlinge bestimmen seit Mitte Dezember den Alltag im jüngsten Staat der Erde. Das andere Szenario spielt in einem festlich dekorierten Luxushotel in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, wo die orthodoxen Christen an diesem Dienstag Weihnachten feiern.
Viele südsudanesische Soldaten sind inzwischen zu den Rebellentruppen von Ex-Vize-Präsident Riek Machar (im Bild) übergelaufen.
(Foto: REUTERS)
Die Stimmung ist friedlich, von frenetischen Verhandlungen fehlt jede Spur. Bei Kaffee und Kuchen sitzen die Delegationen der Konfliktparteien in einer schicken Bar und sprechen mit den ostafrikanischen Vermittlern über mögliche Lösungen für das Chaos in ihrer Heimat. Eilig scheinen sie es dabei nicht zu haben.
Dabei drängt die Zeit. "Wir wollen kein zweites Somalia", sagt ein westlicher Diplomat mit Blick auf das seit Jahrzehnten von Bürgerkrieg und religiösen Fanatikern gebeutelte andere Krisenland in der Region. "Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass es sich im Südsudan bei beiden Seiten um ehemalige Rebellen handelt, die jahrzehntelang einen Guerillakrieg gegen den Sudan geführt haben. Sie kennen ja nur militärische Lösungen für politische Probleme."
Spaltung der Armee schreitet voran
Tatsächlich waren viele der nun adrett in Anzug und Krawatte gekleideten Verhandlungspartner bis vor wenigen Tagen noch schwer bewaffnet im südsudanesischen Busch unterwegs. Dort bekämpfen sich seit drei Wochen Anhänger des Präsidenten Salva Kiir und Getreue seines im Juli entlassenen Ex-Stellvertreters Riek Machar. Die Armee ist seither gespalten, viele Soldaten liefen auf Machars Seite über - und täglich werden es mehr.
Der Grund für die Gewalt, die sich wie ein Lauffeuer von der Hauptstadt Juba aus auf viele andere Landesteile ausbreitete, ist auch ethnischer Natur: Kiir ist ein Dinka, sein Widersacher ein Nuer. Beide Volksstämme sind seit langem verfeindet. Aber nicht nur deshalb lassen sich die Verhandlungen in Addis Abeba schwierig an. Tagelang gab es nur einen indirekten Dialog mit der ostafrikanischen Regionalorganisation IGAD, die für afrikanische Verhältnisse erstaunlich schnell auf die Kämpfe reagierte und das Zepter bei der Suche nach Lösungen übernahm.
Einer der wichtigsten Punkte ist neben der Einigung auf eine Waffenruhe auch das Schicksal von elf Politikern und Ministern, die nach einem angeblichen Putschversuch im Dezember in Haft sind. "Wir fordern die Freilassung der politischen Gefangenen und die Möglichkeit, dass sie an den Friedensgesprächen teilnehmen können", sagte der Chef der Rebellendelegation und frühere Gouverneur des Bundesstaates Unity am Wochenende, Taban Deng Gai.
Aber genau dies ist der Knackpunkt. Die Regierung lehnt eine Freilassung der Männer bisher kategorisch ab. Informationsminister Michael Makuei erklärte in Addis Abeba, die Gefangenen würden vor Gericht gestellt. Auch eine eventuelle Machtaufteilung zwischen Kiir und Machar, die die Rebellen fordern, scheint derzeit für die Regierung keine Option zu sein.
"Niemand wird siegen"
Es sieht nach zähen und langwierigen Diskussionen aus - obwohl die IGAD und die äthiopische Regierung genau das unbedingt vermeiden wollen. Denn die blutige Gewalt geht weiter und die Leidtragenden sind wie so oft Zivilisten, die ohne Lebensmittel und Trinkwasser auf die andere Seite des Nils flüchten.
Eile wäre geboten, um Menschenleben zu retten und den jungen Staat vor einer humanitären Katastrophe zu bewahren. "Wenn die Kämpfe weitergehen, dann können wir gleich für beide Seiten Gräber schaufeln, denn niemand wird siegen", erklärte der frühere äthiopische Außenminister und IGAD-Sondergesandte Seyoum Mesfin.
Aber keines der Teams im gemütlichen äthiopischen Luxushotel scheint schnell in die bettelarme Heimat zurückzuwollen. Zudem sind Machars Anhänger überzeugt, dass die Verzögerung ihnen in die Hände spielt. "Mit jedem Tag, an dem es keine Waffenruhe gibt, können wir weiter auf Juba vorrücken", sagte ein Delegationssprecher, der anonym bleiben wollte. Tatsächlich laufen immer mehr Soldaten zu den Rebellen über. Für Kiir sieht es düster aus, sollte er nicht bald Dialogbereitschaft zeigen.
Quelle: ntv.de, lou/Carola Frentzen,dpa