Politik

Getäuschte Beobachter in Syrien Rebellen drohen mit Eskalation

Alles friedlich: Die Beobachter sehen, was sie sehen sollen.

Alles friedlich: Die Beobachter sehen, was sie sehen sollen.

(Foto: AP)

Trotz Beobachtertruppe nimmt das Töten kein Ende: Die Arabische Liga wollte zumindest einen Erfolg verkünden - den Abzug der Regierungstruppen aus Syriens Protesthochburgen. Assads Gegner aber widersprechen. Am Samstag will die Organisation Bilanz ziehen.

Nach heftiger Kritik der syrischen Opposition an ihrer Beobachtermission nimmt die Arabische Liga den Einsatz unter die Lupe. Am Samstag soll ein Ausschuss der Liga in Kairo eine Zwischenbilanz ziehen. Dazu wurde offenbar auch der umstrittene Leiter der Mission, der sudanesische General Mustafa al-Dabi, geladen.

Wieder sind zigtausende Syrer wie hier in Hama auf den Straßen, um gegen das Assad-Regime zu protestieren.

Wieder sind zigtausende Syrer wie hier in Hama auf den Straßen, um gegen das Assad-Regime zu protestieren.

(Foto: AP)

Der Anführer der bewaffneten Rebellen in Syrien hatte zuvor mit einer Eskalation der Angriffe auf die Sicherheitskräfte von Präsident Baschar al-Assad gedroht. Wenn die Beobachter der Arabischen Liga nicht innerhalb einer Woche ernsthaft arbeiteten, "werden wir eine Entscheidung fällen, die die syrische Führung und die ganze Welt überraschen wird", sagte Riad al-Asaad. Asaad ist Chef der Freien Syrischen Armee, unter deren Dach Überläufer der Streitkräfte und bewaffnete Rebellen lose zusammengeschlossen sind. Die Gruppe hat Hunderte von Soldaten getötet. In der Provinz Deraa kamen bei Angriffen von Deserteuren mindestens 18 Sicherheitskräfte ums Leben.     

Rebellen drohen mit verstärkten Angriffen 

Rebellenchef Asaad sagte in dem Telefoninterview, das er von der Türkei aus führte, die Beobachter hätten die Gewalt in der vergangenen Woche nicht verhindern können. Zahlreiche Menschen seien getötet worden. Kritiker bemängelten zudem, dass die Beobachter von staatlichen Sicherheitskräften begleitet würden. "Eine große Ausweitung unserer Tätigkeiten ist jetzt sehr wahrscheinlich", sagte Asaad.

Auch die US-Regierung zeigte sich vom bisherigen Verlauf des Beobachtereinsatzes enttäuscht. Die Gewalt gehe weiter, während die syrische Regierung bei weitem noch nicht alle ihre Zusagen an die Arabische Liga eingelöst habe, sagte die Sprecherin des US-Außenministerium, Victoria Nuland, in Washington. "Wir sind ernsthaft besorgt", betonte sie.

Sarkozy fordert Rücktritt

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy forderte den Rücktritt Assads. Der 46-Jährige müsse die Macht abgegeben und die Menschen frei über ihre Zukunft entscheiden lassen, sagte Sarkozy beim Besuch einer Militäranlage bei Lanvéoc in der Bretagne. Wegen der Massaker müsse die internationale Gemeinschaft die härtesten Sanktionen verhängen. Zudem müsse den Beobachtern der Arabischen Liga eine unabhängige und ordentliche Arbeit ermöglicht werden, sagte Sarkozy.

Der Liga-Ausschuss soll am Samstag unter dem Vorsitz Katars über die Ergebnisse der Inspektionen in Damaskus sowie in den Protesthochburgen Homs, Dara, Hama und Idlib beraten. Wegen der andauernden Gewalt in Syrien mehren sich die Stimmen, die den Abzug der Beobachter aus dem Land fordern.

Aktivisten-Video zeigt Gewalt

Das Morden geht weiter.

Das Morden geht weiter.

(Foto: AP)

Aktivisten veröffentlichten im Internet Videos, die ihren Angaben zufolge Milizionäre und Militärfahrzeuge  in der Stadt Homs zeigen. In einem Video sagt ein Sprecher: "Dies ist die Antwort auf Nabil al-Arabi. (...) Heute morgen wurde hier noch auf die Wohnbevölkerung und auf Passanten geschossen."

Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, hatte am Montag erklärt, in Syrien werde zwar noch auf Regimegegner geschossen. Seit der Entsendung von Beobachtern der Liga nach Syrien sei jedoch das Militär aus den Protesthochburgen abgezogen worden.

Wieder Dutzende Tote

Oppositionelle meldeten bis zum Abend zehn Tote in Homs, Hama und am Stadtrand von Damaskus. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte zudem mit, dass 18 Sicherheitskräfte bei Kämpfen mit Deserteuren getötet worden seien. Die Gefechte seien ausgebrochen, als Dutzende Soldaten in der Provinz Daraa desertieren wollten, hieß es.

Ein Vertreter der Liga in Damaskus sagte, er erwarte demnächst die Ankunft von etwa 75 neuen Beobachtern. Von Kairo aus flogen am Vormittag 14 Delegierte - zwölf Iraker und zwei Tunesier - nach Damaskus. In der vergangenen Woche überprüften 60 Beobachter in Syrien die Lage. Ziel des Ende Dezember begonnenen Einsatzes ist es, das Blutvergießen in Syrien zu beenden.

Kritik an UN

Der Regimegegner Mohammed Maamun al-Homsi kritisierte die Liga und die Vereinten Nationen. Seit Beginn des Aufstands gegen Assad habe die Demokratiebewegung die internationale Gemeinschaft um Schutz der Zivilbevölkerung gebeten, sagte er. Doch die habe in den vergangenen zehn Monaten geschwiegen. Die UN forderte der Aktivist der Syrischen Gemeinde in Ägypten auf, umgehend ihre "moralische Verpflichtung" zu erfüllen und zu handeln.

Ein Beobachterteam besuchte derweil die Unruheprovinz Hama. Dort sprachen die Beobachter mit den Bewohnern und schauten sich eine Reihe öffentlicher Einrichtungen an. Darunter seien auch Krankenhäuser, wie ein Delegierter, der nicht genannt werden wollte, schilderte. Er sagte nicht, ob auch - wie von der Opposition gefordert - Gefängnisse besichtigt werden sollten.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, eine bewaffnete Terrorgruppe habe nahe der Ortschaft Al-Rastan einen Sprengstoffanschlag auf eine Gasleitung verübt. Aufgrund des nur sehr begrenzten Zugangs für unabhängige Medien lassen sich viele Angaben aus Syrien nicht überprüfen.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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