Politik

Katalanen stimmen am Sonntag ab Referendum ist nur noch Referendumchen

Regionalpräsident Artur Mas will auf jeden Fall abstimmen lassen - aber die Aussagekraft dieses Möchtegern-Referendums ist höchst begrenzt.

Regionalpräsident Artur Mas will auf jeden Fall abstimmen lassen - aber die Aussagekraft dieses Möchtegern-Referendums ist höchst begrenzt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit Posaunen, Pauken und Trompeten rufen die katalanischen Nationalisten zu einem Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien auf - mehrere Gerichtsurteile später bleibt nur noch eine unverbindliche Absichtserklärung übrig. Brisant ist sie trotzdem.

Sie wollen ihr Recht, ihre Freiheit und ihr Geld: Nach monatelangem Tauziehen mit der spanischen Regierung soll in Katalonien am Sonntag ohne Zustimmung Madrids über die Unabhängigkeit der wohlhabenden Region vom Rest des Landes abgestimmt werden - unverbindlich zwar, aber doch mit dem Ziel eines klaren Bekenntnisses zu einer Abspaltung. Die Fragen der Regierung in Barcelona unter Regionalpräsident Artur Mas lauten, ob Katalonien ein Staat werden und als solcher unabhängig werden solle.

Mehr als 70 Prozent der etwa 7,5 Millionen Katalanen sind wahlberechtigt. Doch was einst als bindendes Referendum geplant war, degradierte Mas auf Druck Madrids inzwischen zur unverbindlichen Meinungsäußerung herab. Zwei Mal mobilisierte die spanische Regierung das Verfassungsgericht, das zunächst das vorgesehene Referendum stoppte und zuletzt auch die nun geplante Abstimmung bis zur abschließenden Prüfung aussetzte, was die Verfechter der Unabhängigkeit in Katalonien aber nicht akzeptieren wollen.

Die Katalanen sollten "ohne Furcht" ihre Stimmen abgeben, sagt Mas. Nach Ansicht des 58-Jährigen ist die Abstimmung eine "rechtmäßige Verteidigung" der Region gegen Bevormundung und finanzielle Begehrlichkeiten aus Madrid. "Der spanische Staat ist der Gegner", bringt es Mas auf den Punkt. Madrid wiederum sieht in dem Urnengang ein verkapptes Referendum und verweist darauf, dass eine einzelne spanische Region nicht über Fragen entscheiden dürfe, die das gesamte Land beträfen.

Seit 2010 neuer Zoff

Die Abstimmung am Sonntag ist der vorläufige Höhepunkt eines jahrelangen Streits zwischen Barcelona und Madrid, der zeitweise nahezu befriedet schien. Im Jahr 2006 stimmten die Katalanen für ein Autonomiestatut, das ihnen unter anderem in der Finanz- und Sicherheitspolitik weitgehende Freiheiten einräumte und mit der spanischen Regierung ausgehandelt war. Teile des Statuts erklärte das Verfassungsgericht aber im Jahr 2010 für ungültig, was der Unabhängigkeitsbewegung neuen Auftrieb verlieh.

Auf der Welle kam im selben Jahr Mas in sein Amt als Regionalpräsident. Er machte sich an Verhandlungen über ein Steuerabkommen mit Madrid, das jedoch scheiterte. Im Jahr 2012 wurde Mas im Amt bestätigt - nach dem Wahlversprechen, über die Abspaltung Kataloniens abstimmen zu lassen. Der nun geplante unverbindliche Urnengang dürfte vor allem dazu dienen, Mas, der in Barcelona inzwischen unter starkem Druck radikalnationalistischer Koalitionspartner steht, für weitere Verhandlungen mit Madrid zu stärken.

Laut jüngsten Umfragen spricht sich etwa die Hälfte der Katalanen für eine Abspaltung aus. Dagegen wenden sich unter anderem große Unternehmen der Region, die befürchten, von den spanischen und europäischen Märkten abgeschnitten zu werden. Letzteres wiederum würde absehbar der Absicht der Unabhängigkeitsbefürworter zuwiderlaufen, mehr eigene Finanzkraft in der Region zu halten. Katalonien steuert allein etwa ein Fünftel zur gesamten spanischen Wirtschaftsleistung bei.

Beobachter messen dem Urnengang wegen seiner Unverbindlichkeit inzwischen kaum noch eine Aussagekraft bei. Es wird erwartet, dass lediglich die Abspaltungsgegner überhaupt zur Wahl gehen. Ergebnisse werden für Montag erwartet. Unmittelbar danach will Mas an den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy schreiben und neue Verhandlungen vorschlagen - über ein Steuerabkommen und über ein rechtmäßiges Unabhängigkeitsreferendum wie im September in Schottland, auch wenn dieses scheiterte.

Quelle: ntv.de, vpe/AFP

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