Politik

Der Bundestag und der Rettungsschirm Regierung an der kurzen Leine

Die Eurozone braucht schnelle Entscheidungen, um nicht noch mehr in Schieflage zu geraten.

Die Eurozone braucht schnelle Entscheidungen, um nicht noch mehr in Schieflage zu geraten.

(Foto: dapd)

Zur Bewältigung der Schuldenkrise in Europa wird der Bundestag sein Königsrecht in Finanzfragen in abgestufter Form wahrnehmen. So soll er zwar über den Rettungsschirm und seine Änderungen entscheiden, die Umsetzung soll aber im kleineren Kreis kontrolliert werden. Der Finanzminister soll sich zudem an bindende Vorgaben halten.

Der Bundestag muss der Regierung bei der Nutzung des Euro-Rettungsschirms EFSF nach Ansicht von Union und FDP enge Grenzen setzen. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Michael Meister schlug dazu ein dreistufiges Verfahren sowie bindende Vorgaben für den Bundesfinanzminister für dessen Stimmverhalten im EFSF-Gouverneursrat vor. FDP-Chef Philipp Rösler sagte, das Parlament müsse das letzte Wort bei allen wichtigen Entscheidungen haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist offenkundig um eine möglichst breite Mehrheit für die Reform des Rettungsschirms bemüht. Sie wolle am Mittwoch die Vorsitzenden aller Bundestagsfraktionen über die geplanten Maßnahmen zur Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF unterrichten, hieß es aus Bundestagskreisen.

Das Kabinett will zuvor die Gesetzesänderungen auf den Weg bringen, mit denen der ausgeweitete Euro-Rettungsschirm in deutschem Recht verankert wird. Bundestag und Bundesrat sollen nach bisheriger Planung am 29. beziehungsweise 30. September das Verfahren abschließen. Meister gab sich zuversichtlich, dass die schwarz-gelbe Koalition eine eigene Mehrheit bei den Abstimmungen haben wird. Zudem habe die SPD bereits ihre Zustimmung signalisiert.

Zustimmung innerhalb von drei Tagen möglich

CDU-Politiker Meister schlug vor, sowohl Bundestag als auch Bundesrat sollten die Einführung von Instrumenten wie dem EFSF billigen. In einer zweiten Stufe müsse der Bundestag der Aktivierung von Programmen oder aber der Hilfe für angeschlagene Euro-Staaten zustimmen. Das Plenum müsse künftig auch Änderungen an den Instrumenten genehmigen, etwa eine eventuelle Aufstockung des Kapitalstocks, wie er im dauerhaften Rettungsschirm ESM ab Mitte 2013 vorgesehen ist. Dagegen solle der Haushaltsausschuss die Kontrolle über die Umsetzung der beschlossenen Programme erhalten.

Finanzminister Schäuble soll Vorgaben für sein Stimmverhalten im EFSF-Gouverneursrat erhalten.

Finanzminister Schäuble soll Vorgaben für sein Stimmverhalten im EFSF-Gouverneursrat erhalten.

(Foto: Reuters)

Meister betonte, dass die Kontrolle bei den nationalen Parlamenten liegen müsse, da das Europäische Parlament dazu noch nicht in der Lage sei. Die Haushälter von Union und FDP würden nun die Einzelheiten dieser Parlaments-Beteiligung ausarbeiten. Meister wies Zweifel zurück, dass die nötige Zustimmung des Bundestages im Krisenfall nicht schnell genug kommen könnte. Diese sei innerhalb von drei Tagen möglich. Außerdem würden milliardenschwere Stabilisierungsprogramme für angeschlagene Euro-Staaten erst gewährt, nachdem sich auch die Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB ein Bild von der Situation gemacht habe.

Wirtschaftsminister Rösler legte sich noch nicht fest, wie die Beteiligung des Bundestages aussehen soll. Der Vizekanzler betonte aber, das Haushaltsrecht sei das Königsrecht des Parlaments. "Das wird auch dank der FDP in Zukunft so bleiben", sagte er in Bensberg bei Köln.

Die Regelungen zur Parlamentsbeteiligung sind Teil des ausgehandelten EFSF-Vertrages, mit dem die 17 Euro-Staaten den gemeinsamen Währungsraum stabilisieren wollen. Der Bundestag soll dem von 440 auf 780 Milliarden Euro Kredit-Garantien aufgestockten und mit neuen Rechten versehenen EFSF am 29. September zustimmen.

Vorgaben für den Finanzminister

Ausdrücklich forderte Meister, dass die Bundesregierung und teilweise auch der Bundestag dem Finanzminister Vorgaben für dessen Stimmverhalten im EFSF-Gouverneursrat machen sollten. Ohne vorangehenden Beschluss sei der deutsche Vertreter sonst nicht weisungsgebunden. "Wir müssen aber deutlich machen, dass hier der Wille des Parlaments und auch der Wille der Bundesregierung zur Umsetzung kommt", mahnte der Finanzexperte. Es müsse etwa klar sein, dass der Finanzminister mit "Nein" stimmen müsse und sich nicht nur enthalten dürfe, wenn das Parlament eine Hilfsmaßnahme ablehne. Es könne zudem durchaus sein, dass der Bundestag seine Zustimmung etwa von Anleiheaufkäufen durch den EFSF mit zusätzlichen Limits versehe.

FDP-Chef Rösler lehnt Eurobonds ab.

FDP-Chef Rösler lehnt Eurobonds ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Den Vorschlag eines neuen Bundestags-Ausschusses für die Kontrolle des EFSF lehnte der CDU-Politiker ab. Falls der Haushaltsausschuss Zweifel an einem Programm habe, müsse er sich an den Bundestag wenden. Dann müsste das Parlament von der Bundesregierung entweder Nachbesserungen auf EU-Ebene fordern oder aber die noch nicht vergebenen Kredit-Garantien sperren. Eine nachträgliche Zustimmung des Bundestages lehnte Meister ebenso ab, weil einmal ausgesprochene Kredit-Garantien nicht zurückgeholt werden könnten.

Rösler sprach sich derweil erneut gegen aus. Die Zukunft Europas liege in einer Stabilitätsunion, bekräftige er. Jeder Staat müsse Schuldenbremsen einführen. Außerdem müsse es automatische Sanktionsmechanismen für Defizitsünder geben bis hin zum Entzug des Stimmrechts.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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