Biokraftstoff-Förderung Regierung bremst scharf
22.10.2008, 12:07 UhrDie Autofahrer werden in den kommenden Jahren mit erheblich weniger Biosprit im Tank fahren als bisher vorgesehen. Nach jahrelangem Gerangel um schädliche Einflüsse von Raps und anderen Energiepflanzen auf die Klimaschutz-Bilanz des Agrarsprits trat das Bundeskabinett bei den Mindestbeimischungs-Anteilen für Benzin und Diesel-Kraftstoff auf die Bremse.
Neuer Schub soll erst Mitte des nächsten Jahrzehnts mit dem Einsatz von umweltschonenderem Biosprit der zweiten Generation kommen, wie aus dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hervorgeht. Für reinen (nicht beigemischten) Öko-Diesel wird Anfang 2009 die Steuer je Liter um 3 Cent - statt wie zunächst beschlossen um 6 Cent - auf 18 Cent erhöht. Diskreditiert worden war Biosprit auch im Zusammenhang mit einer gewissen Nutzungskonkurrenz von Agrarflächen für die Nahrungsmittelproduktion und steigende Preise.
Die Pläne waren kürzlich bereits von der Koalitionsführung abgesegnet, aber nur zum geringen Teil öffentlich gemacht worden. Die Union hatte die Steuererhöhung 2009 für den Biodiesel im Interesse der durch Überkapazitäten, Verluste und Betriebsschließungen gebeutelten Biosprit-Branche völlig aussetzen wollen. Die jetzt vorgesehene Halbierung der Steuer-Erhöhung um 3 Cent führt beim Bund für den Zeitraum 2009 bis 2011 zu Ausfällen von insgesamt 277 Millionen Euro.
Schwierigkeiten für Mittelstand
Die Vize-Vorsitzende der Unions-Fraktion, Katherina Reiche (CDU), begrüßte den Kompromiss grundsätzlich. Deutschland müsse beim Kraftstoff der zweiten Generation weiter vorangehen. "Allerdings bringt das Absenken der Quote Schwierigkeiten für kleine und mittelständische Unternehmen", sagte Reiche.
"Die Politik beschließt eine Pleitewelle bei den Unternehmen. Durch Kabinettsbeschluss werden Millionen verbrannt", kommentierte der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie, Johannes Lackmann, die geringeren Beimischungsquoten. Diese wurden auch vom Deutschen Bauernverband "scharf kritisiert".
Mit dem Gesetzentwurf wird das Biospritziel für 2009 von 6,25 auf 5,25 Prozent Anteil zurückgedreht. 2010 wird die Beimischungsquote auf 6,25 Prozent erhöht und bis 2014 bei diesem Wert eingefroren. Bis dann sollte dieser - nach Energiegehalt bemessene - Anteil gemäß dem noch gültigen Gesetz in Stufen eigentlich bereits auf 7,75 Prozent klettern. Von 2015 an soll es nunmehr einen Sprung von 6,25 auf 8 Prozent geben, wie Vize-Regierungssprecher Thomas Steg mitteilte.
Ökosprit der zweiten Generation
Bis dahin soll sich der Ökosprit der zweiten Generation durchsetzen, der wie der derzeit erprobte synthetische Kraftstoff BTL (Biomass to liquid) keine Zucht und Ernte von Energiepflanzen voraussetzt, sondern aus Unterholz, Stroh und Dung als Rohstoff erzeugt werden soll. Mit dem Gesetz wird erstmals auch Biogas in die Anteilsberechnungen einbezogen.
Von 2015 an werden die Biokraftstoffquoten weiter auf eine Netto-Rechnung für den Klimaschutz umgestellt: Hierbei werden auch die Treibhausgasemissionen berücksichtigt, die bei der Herstellung der Biokraftstoffe entstehen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marko Mühlstein forderte eine schnelle Einführung von Kriterien für die Nachhaltigkeit.
Die steht auch zur Abwehr schädlicher Biosprit-Importe aus, für die zum Beispiel Regenwälder in Lateinamerika oder Indonesien gerodet werden. Für die FDP verurteilte die Abgeordnete Christel Happach-Kasan die Steuererhöhung für reinen Biodiesel. Bei den Produktionsmengen sollte auf festgelegte Beimischungsquoten völlig verzichtet werden.
Quelle: ntv.de