Furcht vor "schmutziger Bombe" Regierung in London alarmiert
24.03.2009, 16:06 UhrEigentlich ist die Wahl von London als Schauplatz des anstehenden G20-Weltfinanzgipfels und der Olympischen Spiele 2012 ein gewagtes Unterfangen. Die 20 weltweit wichtigsten Staats- und Regierungschefs treffen sich ausgerechnet in der Hauptstadt des Landes, das die Gefahr eines Terroranschlags als "ernst" einstuft. Zwar können die Sicherheitskräfte Obama & Co. bei einem eintägigen Gipfel an einem überschaubaren Ort sicher gut bewachen. Doch ein mehrwöchiges sportliches Großereignis wie Olympia dürfte den Organisatoren schon mehr Kopfzerbrechen bereiten. Und ein Zeichen von Entwarnung gibt es nicht: Im neuen Anti-Terror-Bericht warnt die Regierung vor den Gefahren eines atomaren oder chemischen Anschlags.
Innenministerin Jacqui Smith versucht erst gar nicht, die Sache schönzureden: "Es kann ohne Vorwarnung geschehen", sagte sie mit Blick auf einen möglichen Anschlag. Und der Anti-Terror-Bericht liest sich bedrohlich. "Heutige Terrororganisationen streben danach, chemische, biologische und sogar nukleare Waffen zu nutzen." Durch neue Techniken sowie Diebstahl und Schmuggel solcher Materialien sei die Gefahr realistischer als in der Vergangenheit.
Angst vor der "schmutzigen Bombe"
Die Rede ist auch von einer "schmutzigen Bombe" - ein herkömmlicher Sprengsatz gefüllt mit Nuklearmaterial. Zwar haben solche Bomben mangels Kernspaltung nicht die verheerende Sprengkraft von Atomwaffen - die Explosion setzt aber eine radioaktive Wolke frei, die im Extremfall ein größeres Gebiet unbewohnbar machen kann.
"Die Terroristen werden immer versuchen, uns einen Schritt voraus zu sein", sagte die Innenministerin. Der Kampf gegen den Terror sei daher eine Aufgabe, die nicht länger geheim hinter verschlossenen Türen erfüllt werden könne. Und es soll auch nicht länger nur eine Sache von Polizei und Geheimdiensten sein.
Die Briten selbst sind zu höherer Wachsamkeit aufgerufen. 60 000 Menschen - etwa Angestellte von Hotels oder Geschäften - sollen geschult werden, wie Terrorgefahren erkannt werden können und im Falle eines Anschlags reagiert werden muss. Die Maßnahme übertreffe alle bisherigen Katastrophenübungen auf der Welt, sagte Smith.
Überwachungskameras überall
Damit wendet sich die Aufmerksamkeit der Regierung noch mehr den sogenannten "weichen Zielen" zu. Nachdem schon jetzt jeder Mensch bei Schritt und Tritt etwa in der U-Bahn oder an den Flughäfen von einem engmaschigen Netz von Überwachungskameras gefilmt wird, soll nun die Zahl der aufmerksamen Augen an Orten erhöht werden, wo sich auch sonst viele arglose Menschen aufhalten. Die Terrorattacken auf das Hotel im indischen Mumbai vom November vergangenen Jahres dürfte den Verfassern des Berichts dabei noch vor Augen gestanden haben.
"Kurzfristig wollen wir Leute fassen, die mit Anschlägen viele Menschen töten wollen. Aber wir wollen auch verhindern, dass Menschen sich dem Terror zuwenden und gewalttätige Extremisten werden", sagte Smith. Daher beschränkt sich die Anti-Terror-Taktik nicht nur auf das Rekrutieren aufmerksamer Bürger. Extremistische Hetzer sollen härter angegangen werden, während etwa gemäßigte Muslime gestärkt werden sollen. Außerdem sollen Anti-Terror-Einheiten der Polizei und die Geheimdienste mit mehr Geld ausgestattet werden. Und das Geld scheint gut angelegt zu sein, wenn die Auskünfte der Ministerin stimmen: "Wir haben mehr als ein Dutzend Komplotte vereitelt und über 200 Leute vor Gericht gebracht."
Quelle: ntv.de, Von Thomas Pfaffe, dpa