Alles oder nichts in Athen Regierung stellt Vertrauensfrage
21.06.2011, 10:28 Uhr
Die Bewegung der "Empörten Bürger" hat für heute wieder zu Protesten gegen die Regierungspläne aufgerufen.
(Foto: REUTERS)
Für Athen geht es heute wieder einmal um alles oder nichts. Die neue Regierung muss die Vertrauensfrage überstehen, um sich gleich der nächsten Hürde Sparpaket zuwenden zu können. Klappt eines der beiden Vorhaben nicht, bleibt die Milliardenhilfe der EU aus. Die konservative Opposition signalisiert vorab ein klares Nein.

"Generalstreik" heißt die Devise. Von Vertrauen in die Regierung ist noch keine Rede in Griechenland.
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Mitten in der schweren Finanzkrise stellt die neue griechische Regierung unter Ministerpräsident Giorgos Papandreou heute Abend im Parlament die Vertrauensfrage. Vor der für Mitternacht erwarteten Abstimmung wollen die Abgeordneten die dreitägige Debatte zum Sparkurs des hoch verschuldeten Landes abschließen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief Griechenland zu Einigkeit auf. Er vertraue darauf, dass die griechische Regierung das Vertrauen des Parlamentes bekomme, sagte Barroso nach einem Gespräch mit Papandreou gestern Abend in Brüssel.
Zuvor hatten die Euroländer ihren Druck auf das von der Pleite bedrohte Griechenland noch einmal verstärkt. Ohne ein neues Sparpaket werde Athen kein neues Geld bekommen, machten die Euro-Finanzminister in Luxemburg nach zweitägigen Krisenberatungen deutlich. "Dem griechischen Parlament muss klar sein, dass dies unabdingbar ist", sagte der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker. Die Euro-Kassenhüter hatten ihre Entscheidung über die Auszahlung von Krediten aus dem alten Hilfsprogramm auf Anfang Juli vertagt, um die Entscheidung des griechischen Parlaments zum Sparpaket abzuwarten. Falls die 12 Milliarden Euro nicht im Juli fließen, ist Athen direkt pleite.

Sollte der neuen Regierung das Vertrauen verweigert werden, bleiben die Hilfen der EU aus.
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Der griechische Regierungschef Papandreou hatte sich in Brüssel mit dem EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy getroffen und dabei die griechischen Sparpläne bekräftigt. "Wir sind entschlossen - als Land und als Regierung - unser Programm voranzubringen und das Nötige zu tun, um unser Land in eine bessere wirtschaftliche Position zu bringen", sagte er. "Ich hoffe, dass das griechische Parlament das Programm, das vor uns liegt, bewilligen wird." Van Rompuy forderte von Griechenland in dieser Frage den nationalen Konsens.
Klares Nein von der Opposition
Nationaler Konsens allerdings ist nicht zu erwarten. Die Opposition in Athen hat bereits ein klares Nein signalisiert. Papandreous Sozialisten haben eine knappe Mehrheit von 155 der insgesamt 300 Abgeordneten im Parlament in Athen. Papandreou hatte am Freitag sein Kabinett umgebildet. Unter anderem hatte er dem bisherigen Verteidigungsminister Evangelos Venizelos, einem der größten Widersacher innerhalb der eigenen Partei, die Verantwortung für das derzeit wichtigste Ressort Finanzen übertragen.
Gewerkschaften und die hauptsächlich durch das Internet organisierte Bewegung der "Empörten Bürger" planen für heute neue Proteste gegen die Sparpolitik der Regierung. Dabei wollen sie versuchen, alle Zufahrtsstraßen zum Parlament in Athen zu sperren.
"Wir sind der größte Gläubiger"
In Deutschland kritisiert die Opposition derweil das Krisenmanagement der EU und der Bundesregierung. "Es wird immer mehr Zeit gekauft und den Leuten Sand in die Augen gestreut, ohne klar zu sagen, was es letzendlich kostet", sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider bei n-tv. Seiner Meinung nach hätte man die Gläubigerbeteiligung vor einem Jahr direkt beschließen sollen. Auch ein harter Schuldenschnitt hätte vorgenommen werden müssen.
"Mittlerweile sind wir der größte Gläubiger Griechenlands und sind letztendlich in der Situation, dass wir auf der einen Seite, bei den Griechen nicht sonderlich beliebt sind, auf der anderen Seite hier in Deutschland es kaum noch erklären können. Deswegen meine ich, ist der Ansatz, nur weiter Kredite zu geben und noch ein Jahr Zeit zu kaufen, überhaupt nicht mehr ausreichend", meinte Schneider.
"Fast schon weltweite Überschuldungskrise"
Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler warf Bundeskanzlerin Angela Merkel Versagen vor und forderte einen Schuldenschnitt und den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. "Mit dem Euro hat Griechenland keine Chance, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen", sagte Schäffler n-tv.de.
"Diese Krise ist eine fast schon weltweite Überschuldungskrise von Banken und Staaten", so Schäffler weiter. "Wir müssen die Schuldenkrise jetzt eingrenzen, damit sie nicht irgendwann auch uns erreicht."
Quelle: ntv.de, wne/hvo/dpa