Politik

Medienbericht zur US-Spionage bei der Kanzlerin Regierungsvertreter bestätigen Merkel-Überwachung

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Wusste Obama, dass die NSA Angela Merkels Handy ausspionierte? Der US-Präsident und die NSA verneinen diese Frage. Doch es gibt neue Hinweise darauf, wann Obama von den Bespitzelungen erfuhr. Regierungsvertreter bestätigen gegenüber US-Medien die Überwachung der Kanzlerin. Und welche Rolle hat die Nationale Sicherheitsberaterin?

Die Empörung in Deutschland könnte kaum größer sein. Dass die USA offenbar ungeniert das Handy der deutschen Kanzlerin ausspioniert haben, sorgt in Deutschland für große Aufregung und noch größere Hilflosigkeit. US-Regierungsvertreter haben einem Medienbericht zufolge eingeräumt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bis in den Sommer hinein vom US-Geheimdienst NSA bespitzelt wurde. Präsident Barack Obama habe davon jedoch erst nach einer internen Untersuchung der US-Regierung erfahren, zitierte das "Wall Street Journal" (WSJ) namentlich nicht genannte Regierungsvertreter.

Vieles ist noch unklar, eines allerdings ist sicher: Das deutsch-amerikanische Verhältnis hat großen Schaden genommen. Wie schnell die Risse zu kitten sind, hängt entscheidend von einer Frage ab: Was wusste Obama?

Sollte der US-Präsident, der noch im Sommer bestens gelaunt Merkel in Berlin besuchte, tatsächlich über die Ausspähungen Bescheid gewusst haben, dürfte das Vertrauen zwischen den beiden Staatsoberhäuptern endgültig zerbrechen. Obama beteuerte zwar, dass er keine Ahnung davon gehabt habe - doch so recht wollte ihm das kaum noch jemand glauben. Die "Bild am Sonntag" berichtete dann auch, dass NSA-Chef Keith Alexander den Präsidenten bereits 2010 über den Lauschangriff informiert habe. Nie habe er mit Obama über die Operation gesprochen, versicherte eine NSA-Sprecherin zwar, überprüfbar ist das aber kaum.

Sicherheitsberater als Puffer?

Das "Wall Street Journal" berichtet, dass das Weiße Haus von den Bespitzelungen gegen insgesamt 35 internationale Spitzenpolitiker erst im Sommer durch eine interne Untersuchung erfuhr, die es selbst in Auftrag gegeben hatte. Auf der Liste stand auch die deutsche Kanzlerin. Daraufhin sei die Abhöraktion gegen Merkel gestoppt worden, heißt es in dem Bericht.

Ab wann wusste Obama von den Aktivitäten?

Ab wann wusste Obama von den Aktivitäten?

(Foto: AP)

Vorstellbar ist etwa, dass der Geheimdienstbericht dem Nationalen Sicherheitsberater diese Liste vorgelegt hatte, der sie dann dem US-Präsidenten weiterreichte. Dass Obama selbst keine detaillierten Kenntnisse von solchen sensiblen Angaben hat, ist nicht ungewöhnlich. Ob die NSA-Affäre mit dem Wechsel auf dem Posten des Sicherheitsberaters zu tun hat, ist unklar. Susan Rice hatte im Juni das Amt von Thomas Donilson übernommen.

Das Weiße Haus bestätigte, dass es eine solche Untersuchung gegeben hat. Es ging in seiner Stellungnahme jedoch nicht auf Einzelheiten ein. Der Präsident habe den Nationalen Sicherheitsrat angewiesen "unsere Überwachungskapazitäten zu überprüfen, so auch bezüglich unserer engsten ausländischen Partner und Verbündeten", sagte eine Sprecherin.

Die Untersuchung unter Führung des Weißen Hauses dauere an. Sie ziele darauf ab, "zu überprüfen, wie wir Informationen sammeln, die angemessen den Sicherheitsbedenken unserer Bürger und Verbündeten gerecht werden und den von uns allen geteilten Bedenken hinsichtlich dem Schutz der Privatsphäre".

Wer ist Herr im Haus?

Zu Ergebnissen der Untersuchung wurden keine Angaben gemacht. Sollte die Recherche des "Wall Street Journals" korrekt sein, wäre das für Obama einerseits eine Entlastung. Denn die Untersuchung mit den entsprechenden Konsequenzen deutet daraufhin, dass Obama tatsächlich erst vor Kurzem von der Bespitzelung erfuhr und diese sogleich stoppte. Andererseits wirft der Bericht ein befremdliches Licht auf das Verhältnis von Regierung und Geheimdiensten. Denn wer erst durch eine Untersuchung erfährt, was seine Spione so treiben, wirkt nicht gerade wie der Herr im Haus.

Allerdings hätte Obama dann am Mittwoch im Telefongespräch mit Merkel auch nicht die ganze Wahrheit gesagt. Er versicherte ihr, gar nichts gewusst zu haben, und dass er die Aktion gestoppt hätte, sobald er davon erfahren hätte. Merkels Ärger konnte er offenbar verstehen. Wie der "Spiegel" berichtete, entschuldigte sich der US-Präsident bei ihr.

In der Affäre gerät auch die US-Botschaft am Brandenburger Tor immer stärker in den Blickpunkt. Sie liegt etwa 800 Meter von Merkels Amtssitz entfernt. Wie der "Spiegel" unter Berufung auf Dokumente des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden berichtete, arbeitet in der Vertretung eine Geheimeinheit von NSA und CIA und kann einen Gutteil der mobilen Kommunikation im Regierungsviertel überwachen. Vieles spreche dafür, dass auch Merkels Telefon von der Botschaft aus ins Visier genommen worden sei.

Quelle: ntv.de, rpe/vpe/dpa/AFP/rts

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