Politik

Assad bittet zum Gespräch Regime will Opposition spalten

Einerseits geht das Regime des syrischen Präsidenten Assad weiter brutal gegen die Protestbewegung in dem Land vor. Andererseits wird eine Konferenz von Intellektuellen in Damaskus gestattet. Doch Protestler kritisieren, dass das Treffen vom Staat missbraucht werde. Assad lädt derweil für Anfang Juli zu Gesprächen.

Die syrische Führung gibt den altgedienten Oppositionellen jetzt ein wenig Luft zum Atmen. Damit versucht sie, radikalere Gegner zu isolieren, die den Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad fordern. Rund 150 Oppositionelle trafen sich in einem Hotel in Damaskus, um ein Ende der Gewalt zu fordern und für einen demokratischen Neuanfang zu werben.

Etwa 150 Intellektuelle kamen zu dem Treffen in Damaskus.

Etwa 150 Intellektuelle kamen zu dem Treffen in Damaskus.

(Foto: REUTERS)

Der Aktivist Mundher Chaddam sagte, die Regierung müsse sofort Lizenzen für unabhängige Medien erteilen. Binnen eines Jahres solle ein "friedlicher Übergang hin zu einem demokratischen, pluralistischen System" erfolgen. Viele der Konferenzteilnehmer waren ehemalige politische Gefangene wie der kommunistische Autor Luai Hussein und der linke Oppositionelle Michel Kilo.

Nach der Konferenz rief Assad die Opposition zu Gesprächen in zwei Wochen auf. Das kürzlich mit dem "nationalen Dialog" beauftragte Gremium werde Intellektuelle und "politische Persönlichkeiten" zu einem Treffen am 10. Juli einladen, "um insbesondere die vorgesehenen Verfassungsänderungen zu debattieren", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Sana. Dabei stehe die Klausel 8 im Vordergrund, die festschreibt, dass Assads seit 1963 herrschende Baath-Partei die "Führerin von Staat und Gesellschaft" ist. Die Abschaffung dieser Klausel gehört zu den zentralen Forderungen der Opposition.

"Krise muss von der Wurzel angegangen werden"

Nach Angaben von Augenzeugen waren keine Oppositionellen aus dem Exil zu dem Treffen angereist. Die Teilnehmer der vom Staat gebilligten Konferenz hatten zuvor abgelehnt, einen Dialog mit der Regierung zu führen, solange Soldaten in den Städten auf Demonstranten schießen. Sie spielten zu Beginn ihrer Veranstaltung die Nationalhymne und legten dann eine Schweigeminute für die "Märtyrer des Aufstandes unseres Volkes" ein. Vor dem Hotel demonstrierten etwa 200 Anhänger des Regimes. Sie schwenkten syrische Fahnen und hielten Bilder des Präsidenten hoch.

Kinder tragen in einem Flüchtlingscamp in der Türkei Brot. In den Lagern an der Grenze zu Syrien harren Tausende Menschen aus.

Kinder tragen in einem Flüchtlingscamp in der Türkei Brot. In den Lagern an der Grenze zu Syrien harren Tausende Menschen aus.

(Foto: REUTERS)

Die junge Protestbewegung, die Präsident Baschar al-Assad seit Mitte März mit Massenprotesten herausfordert, glaubt größtenteils nicht, dass eine Lösung des Konflikts mit dem Assad-Regime möglich ist. "Das Ziel dieser Konferenz ist es, ein Regime zu retten, das seine Legitimität verloren hat", sagte ein Aktivist, der den Flüchtlingen an der syrisch-türkischen Grenze hilft, in einem Telefoninterview. "Die Teilnehmer sprechen nicht für die Regimegegner auf der Straße." Anders äußerte sich der linksliberale Journalist Michel Kilo, der drei Jahre aus politischen Gründen eingesperrt war: "Diese Krise muss von der Wurzel angegangen werden. Das Regime muss verschwinden und durch ein demokratisches System ersetzt werden."

"Dem Regime ist zu misstrauen"

Oppositionsgruppen kritisierten, die Versammlung diene der politischen Stärkung Assads. So sagte der Ökonom Daref Dalili, eine der Führungsfiguren der Opposition, in letzter Minute seine Teilnahme ab. Er wolle nicht zu einer Konferenz kommen, die vom Staat missbraucht werden könne, während das Töten und Verhaften andauere. Fawaz Sarakna, ein Exil-Oppositioneller in der Türkei, sagte: "Ich bin nicht gegen dieses Treffen, wenn dadurch das Blutvergießen beendet werden kann." Dem Regime sei jedoch zu misstrauen.

Bei einem Treffen mit einer Delegation des US-Kongresses in Damaskus nannte Assad die Forderungen des syrischen Volkes laut Sana "legitim". Diese müssten aber getrennt von "bewaffneten Banden" gesehen werden, die diese Forderungen "ausnutzen, um Chaos zu verbreiten und das Land zu destabilisieren".

Assad hatte in den vergangenen Wochen zwar einige Reformschritte angekündigt. Die Protestbewegung und auch die traditionellen Oppositionsgruppen kritisieren jedoch, dass seine Baath-Partei bislang nicht auf den Führungsanspruch verzichten will, den die Verfassung garantiert. Ein Teil der Opposition ist außerdem der Meinung, dass die aktuelle Führung kein Verhandlungspartner mehr sein kann, weil sie auf Demonstranten schießen ließ. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden bereits mehr als 1300 Zivilisten getötet. Tausende flohen in die Nachbarländer Türkei und Libanon. Am vergangenen Wochenende waren Soldaten in Dörfer unweit der beiden Grenzen einmarschiert.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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