Kaffee am Bett Reinfeldt schafft die Premiere
20.09.2010, 10:01 Uhr
(Foto: dpa)
Im sozialdemokratischen Musterland Schweden hat der Konservative Fredrik Reinfeldt die Wiederwahl als Regierungschef geschafft - das gab es seit der Einführung der Demokratie in dem skandinavischen Land noch nie.
Vor dem Regieren bringt Fredrik Reinfeldt seiner Ehefrau Filippa seit vier Jahren (fast) täglich ein Tässchen Kaffee ans Bett. Dann läuft er sich auf einem Hometrainer warm. Nach dem über die Sozialdemokraten am Sonntag kann der 45-jährige Konservative nach diesen Morgenritualen im Stockholmer Vorort Täby auch in Zukunft in die Kanzlei "Rosenbad" direkt neben dem Stockholmer Reichstag fahren.
Denn zumindest bis auf Weiteres sichert ihm trotz des Einzugs der rechtspopulistischen "Schwedendemokraten" in den Reichstag die relative Mehrheit über seine sozialdemokratische Kontrahentin Mona Sahlin den Verbleib im Amt. Was in Schweden für bürgerliche Politiker alles andere als eine Normalität ist, denn seit fast hundert Jahren sind Regierungschefs mit bürgerlicher Parteizugehörigkeit stets nur kurze Unterbrechungen für eine unendlich lange Reihe sozialdemokratischer Amtsinhaber gewesen.
"Schwedens einzige Arbeiterpartei"
Für manche ist das in gewisser Weise auch der stets ruhig wirkende 1,88 Meter große Wirtschaftswissenschaftler mit der lichten Stirn. "Wir sind Schwedens einzige Arbeiterpartei", sagte Reinfeldt im Wahlkampf mehrfach täglich. Er signalisierte damit erfolgreich, dass sich die Konservativen, die man hier "Moderate" nennt, als die legitimen und vor allem kompetentesten Erbverwalter des sozialdemokratisch geprägten "schwedischen Modells" sehen.
Vor seinem triumphalen ersten Wahlsieg 2006 musste er zunächst mal die eigene Partei von diesem ausgeprägten Mitte-Weg überzeugen, wie ihn in Deutschland, aus allerdings anderen Gründen, auch Kanzlerin Angela Merkel mit der CDU gegangen ist. Reinfeldt, der ähnlich wie seine Berliner Kollegin so gut wie nie frontal auf politische Kontrahenten losdrischt, hat die ersten vier Regierungsjahre eine eher zurückhaltende "Reformpolitik" betrieben. Hier ein paar Verschärfungen bei den Möglichkeiten zu langfristigen Krankschreibungen und da Steuererleichterungen für die arbeitende Bevölkerung.
Kein dänischer Weg in Stockholm
Aber kein Konfrontationskurs gegenüber den starken schwedischen Gewerkschaften. Auch die nach europäischen Maßstäben noch sehr liberale schwedische Zuwanderungs- und Asylpolitik übernahm Reinfeldt von seinem sozialdemokratischen Vorgänger Göran Persson. Er setzte sich deutlich von der mehr und mehr islamophobisch geprägten Linie im Nachbarland Dänemark ab und will auch mit den heimischen Rechtspopulisten nicht zusammenarbeiten. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen diktieren sie als Mehrheitsbeschafferin für die Regierung seit fast einem Jahrzehnt die Ausländerpolitik.
Den Durchbruch zum wirklich populären Regierungschef für 9,5 Millionen Schweden brachten Reinfeldt der jetzige Wirtschaftsaufschwung und vorher sein Krisenmanagement im Gefolge der Finanzkrise zusammen mit dem Finanzminister und Parteifreund Anders Borg. Vorher hatte der Ex-Basketballer in Umfragen nach allerlei Minister-Skandalen in Umfragen hoffnungslos hinter seiner sozialdemokratischen Herausforderin Mona Sahlin gelegen. Noch bis Anfang dieses Jahres sah alles so aus, als werde auch dieser konservative Regierungschef nur eine Parenthese zwischen zwei Sozialdemokraten in der Kanzlei Rosenbad bleiben. Doch dann kam ein verblüffender Konjunkturaufschwung, und das Blatt wendete sich sehr schnell.
Quelle: ntv.de, dpa