Bundestag stimmt zu Rente mit 67 beschlossen
09.03.2007, 08:08 UhrWer 1964 oder später geboren ist, wird künftig die volle Rente in aller Regel erst mit 67 Jahren erhalten. Trotz heftiger Proteste von Gewerkschaften und Sozialverbänden beschloss der Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD, das Rentenalter von derzeit 65 Jahren von 2012 an schrittweise auf 67 Jahre bis 2029 anzuheben. Beschäftigte mit 45 Versicherungsjahren sollen nach einer Ausnahmeregelung weiter mit 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können.
Der Bundesrat muss der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters Ende März noch zustimmen – doch das gilt als sicher. Mit der vollen Rente ab 67 soll langfristig der Anstieg des Rentenbeitrags gedämpft werden.
Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung sprachen sich in namentlicher Abstimmung 408 Abgeordnete aus, 169 votierten dagegen, es gab 4 Enthaltungen. 11 SPD-Abgeordnete vom linken Flügel lehnten das Projekt ab. Vier Sozialdemokraten enthielten sich. Die Opposition lehnte das Vorhaben geschlossen ab und kritisierte Detailregelungen als grundgesetzwidrig. Die Gewerkschaften kündigten an, ihre Proteste fortzusetzen.
Flankiert wird die Neuregelung von einer Job-Initiative, mit der die Regierung die Beschäftigungschancen Älterer verbessern will. Bis 2010 sollen mehr als 50 Prozent der über 55-Jährigen in Arbeit sein. Begleitet war die Rentendebatte von einer Protestkundgebung der IG Metall in Berlin. Daran nahmen nach Angaben der Veranstalter mehrere tausend Demonstranten teil.
Nur knapp 30 Prozent der über 55-Jährigen haben einen Job
Etwa 20 Abgeordnete des linken SPD-Flügels hatten vor der Abstimmung im Bundestag vergeblich versucht zu erreichen, dass die Lebensarbeitszeit nur dann verlängert wird, wenn 2010 mehr als die Hälfte der 55- bis 65-Jährigen überhaupt einen regulären Job hat. Derzeit sind es weniger als 30 Prozent. Der Sozialexperte Ottmar Schreiner argumentierte, ohne eine solche Klausel sei die Verlängerung der Arbeitszeit sinnlos.
In der knapp zweistündigen Aussprache verteidigte Sozialminister Franz Müntefering (SPD) die Rentenreform als unumgänglich. Die demographische Entwicklung und die immer längere Rentenbezugszeiten dürften nicht ignoriert werden: "Wir haben die Verantwortung für morgen und für kommende Generationen, wir müssen handeln", sagte er.
Kritik an der Neuregelung wies er zurück und warnte vor Panikmache: "Es gibt keinen Grund, den Menschen in Deutschland wegen dieser Entscheidung Angst zu machen." Die Regierung setze sich mit der Beschäftigungsinitiative für Ältere dafür ein, dass es künftig genug Arbeit für Ältere gebe. Arbeitgeber und Gewerkschaften müssten für altersgerechte Arbeitsbedingungen sorgen. Müntefering warb zugleich dafür, private und betriebliche Altersvorsorge auszubauen.
FPD spricht von "Etikettenschwindel"
Die Oppositionsfraktionen lehnten das Rentenpaket ab, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Für die FDP sagte Heinrich Kolb, bei der Beschäftigungsinitiative handele es sich um "Etikettenschwindel" und "alten Wein in neuen Schläuchen". Er warb stattdessen für einen flexiblen Rentenübergang ab 60 Jahren mit Abschlägen bei Wegfall aller Hinzuverdienstgrenzen.
Linke kritisiert faktische Rentenkürzung
Linksfraktions-Vize Klaus Ernst warf der Regierung vor, sie mache Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung. "Was übrig bleibt, ist eine Rentenkürzung." Für die Grünen sagte Irmingard Schewe-Gerigk, ihre Fraktion stehe grundsätzlich zur Anhebung des Rentenalters. Sie machte aber verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ausnahmeregelung für langjährige Beitragszahler geltend. Dies benachteilige vor allem Frauen. Die Job-Initiative für Ältere sei "völlig unzureichend"
Union und SPD stellten sich hinter die Pläne Münteferings. Der CDU-Sozialpolitiker Ralf Brauksiepe sagte, es sei ein "guter Tag für alle, denen die Sicherung der Sozialsysteme am Herzen liege". Einwände gegen die Ausnahmeregelung für langjährig Versicherte wies er als unbegründet zurück.
Der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, zeigte sich betroffen über die massiven Proteste der Gewerkschaften gegen die Rente mit 67. Vor allem Sozialdemokraten seien "Zielscheibe dieser Aktivitäten" gewesen und in bisher einmaliger Weise "steckbrieflich verfolgt", bedroht und als "Arbeiterverräter" beschimpft worden. Er habe zwar Verständnis für die Sorgen vieler Menschen. Diese Sorgen aber für eigene Zwecke zu instrumentalisieren und Ängste zu schüren, sei "heuchlerisch und verantwortungslos", sagte Brandner.
Quelle: ntv.de