Politik

"Hütchenspiel" Renten-Streit beigelegt

Die Bundesregierung hat ihren Streit über die Rentenpläne von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) endgültig beigelegt. Die Staatssekretäre sämtlicher Ministerien hätten in Berlin die letzten Details geklärt, um die zum 1. Juli geplante Rentenerhöhung um 1,1 Prozent umzusetzen, sagte ein Ministeriumssprecher.

Nach einer Intervention von Finanz- und Wirtschaftsministerium sowie des Kanzleramts hatte Scholz für das Treffen eine neue Beschlussvorlage erarbeitet. Damit ist der Weg frei, um das Vorhaben am Dienstag in der vorgezogenen Kabinettssitzung zu verabschieden. Am selben Tag sollen auch die Koalitionsfraktionen darüber beraten.

Kompromiss gefunden

Der Rentenbeitragssatz soll nun trotz zwei verbesserter Rentenerhöhungen in Folge bereits bis 2013 deutlich sinken, einigten sich das Bundesarbeitsministerium und das Finanz- und Wirtschaftsressort. Mit dem Kompromiss musste Scholz im Vergleich zu seinen ursprünglichen Plänen deutlich zurückstecken. Für die rund 20 Millionen Rentner bedeutet das Paket, dass sie in diesem und im nächsten Jahr einen Extrazuschlag von jeweils gut 0,5 Prozentpunkten bekommen. Zum 1. Juli sollen die Renten damit um 1,1 Prozent steigen, im nächsten Jahr um gut 2 Prozent. Um die Sonder-Rentenerhöhung zu ermöglichen, wird der "Riester-Faktor" für zwei Jahre außer Kraft gesetzt, mit dem die Senioren 2008 lediglich ein Plus von 0,46 Prozent erhalten würden.

Für die Rentner bedeutet der Beschluss allerdings Anfang des nächsten Jahrzehnts deutlich geringe Rentensteigerungen, da die ausgesetzten Kürzungen nachgeholt werden und weitere Dämpfungsfaktoren in Kraft treten. So können ihre Bezüge nach Angaben aus Koalitionskreisen 2011 lediglich um 0,3 Prozent, 2012 um 0,7 und 2013 um 1,1 Prozent erhöht werden.

Zu den Kernpunkten der Einigung gehört, dass der Beitragssatz von derzeit 19,9 Prozent vom Bruttogehalt bereits 2012 auf 19,5 Prozent und 2013 auf 19,1 Prozent gesenkt wird. Auf dieser Senkung, die nun rascher kommt und deutlicher ausfällt als von Scholz geplant, hatten vor allem das Kanzleramt und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bestanden. Ab 2018 soll der Beitragssatz wieder ansteigen.

Scholz musste sein Vorhaben fallenlassen, die Finanzreserve der Rentenkassen von 1,5 auf 2,5 Monatsausgaben oder etwa 42 Milliarden Euro aufzustocken. Dies hätte bis 2014 gedauert und dazu geführt, dass der Beitragssatz später und geringer gesenkt worden wäre. Auch hätte dies den Staatshaushalt zusätzlich belastet. Die Reserve soll nun lediglich bis zum bisher bereits geltenden Sollwert von 1,5 Monatsausgaben aufgefüllt werden.

Der FDP-Rentenexperte Heinrich Kolb warf der Regierung ein "unwürdiges rentenpolitisches Hütchenspiel" vor. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) forderte eine Inflationsschutz- Klausel.

Mehrkosten für den Staat aus dem Rentenpaket sollen durch "globale Minderausgaben" aus dem Haushalt des Bundesarbeitsministeriums und dem Gesamtbudget in einem "ausgewogenen Mix" gedeckt werden, sagte der Sprecher des Arbeitsministeriums, Stefan Giffeler. Es handelt sich im Jahr 2011 um voraussichtlich zwei Milliarden Euro.

Mehrheit hält 1,1 Prozent mehr für zu niedrig

Die geplante Erhöhung um 1,1 Prozent wird von der Mehrheit der Bundesbürger für zu niedrig gehalten. 52 Prozent waren nach dem neuen ZDF-Politbarometer dieser Auffassung. 38 Prozent hielten die Erhöhung für gerade richtig und lediglich sieben Prozent für zu hoch. Ein nur leicht anderes Bild ergab die Aufschlüsselung nach Lebensalter: Während von den 60-Jährigen und älteren Befragten 68 Prozent die Rentenerhöhung als zu gering erachten (zu hoch: 3 Prozent, gerade richtig: 28 Prozent), fällt sie für die unter 30-Jährigen mehrheitlich gerade richtig aus (61 Prozent) - 8 Prozent bezeichnen sie als zu hoch und 28 Prozent als zu niedrig.

Quelle: ntv.de

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