Regierung unter Druck Renten-Streit kocht weiter
01.04.2008, 16:57 UhrDie umstrittenen Rentenpläne von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) erzwingen in der kommenden Woche eine vorgezogene Sitzung des Bundeskabinetts. Ein Regierungssprecher bestätigte, dass die Sitzung der Ministerrunde um einen Tag auf Dienstag vorgezogen wird. Darauf habe man sich nach Rücksprache mit den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU/CSU) und Peter Struck (SPD) geeinigt. Normalerweise trifft sich das Kabinett am Mittwoch.
Die Vorverlegung wurde nach Informationen des "Handelsblatts" notwendig, weil sich Scholz mit dem Kanzleramt, dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium nicht über die mittelfristige Finanzplanung der Rentenkassen einigen konnte. Der Regierungssprecher betonte, es handele sich bei dem vorgezogenen Treffen nicht um eine außerplanmäßige Sitzung. Die Rentenanpassungen stünden ohnehin auf der Tagesordnung der nächsten Kabinettssitzung.
Dem Bericht zufolge hatten sich Kauder und Struck für das Vorziehen der Kabinettssitzung eingesetzt, weil sonst in den Fraktionssitzungen am Dienstag die Beratung eines abgestimmten Gesetzesentwurfes nicht möglich wäre. Bis dahin soll nun auf politischer Ebene nach einem Kompromiss gesucht werden.
Kernpunkt des Streits ist die von Scholz zusammen mit der Rentenerhöhung geplante Aufstockung der sogenannten Nachhaltigkeitsreserve auf 42 Milliarden Euro. Weil während der Auffüllungsphase dieser Rücklage die Beiträge nicht gesenkt werden könnten und ein um jährlich 1,5 Milliarden Euro erhöhter Bundeszuschuss fällig werde, legten Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nach "Handelsblatt"-Informationen ihr Veto ein. Das Kanzleramt fühle sich übergangen.
Nachdem der Streit am Montagabend in einer Staatssekretärsrunde nicht beigelegt werden konnte, ist die Beratung des Vorgangs in dieser Woche im Kabinett noch nicht möglich. Damit die Rentenerhöhung zum 1. Juli in Kraft treten kann, müssen die Fraktionen aber in der kommenden Woche den fertigen Gesetzesentwurf billigen.
Die Renten sollen dieses Jahr um 1,1 Prozent angehoben werden, 0,64 Prozentpunkte mehr als bisher geplant. Auch im kommenden Jahr können die rund 20 Millionen Ruheständler mit einem Extra-Zuschlag rechnen. Die geplante zweijährige Aussetzung des Riester-Faktors, der Rentenerhöhungen dämpft, soll die Rentenkassen bis 2013 nach Berechnungen der Arbeitgeber mit rund zwölf Milliarden Euro belasten.
Kritik kam vom stellvertretenden Vorsitzenden der Partei Die Linke, Klaus Ernst. Der Streit in der Koalition um die Finanzierbarkeit der Renten zeige vor allem, dass Union und SPD längst nicht mehr wüssten, was sie tun. "Man hat an der Rentenformel so viel herumgemurkst, dass sie heute nur noch ein Trümmerhaufen ist."
Quelle: ntv.de