Politik

Merkel stoppt von der Leyen Renten werden nicht bezuschusst

DI30191-20120905.jpg7997313527880606310.jpg

In zahlreichen Interviews weist Arbeitsministerin Ursula von der Leyen auf das Problem der Altersarmut hin. Ihre Lösung: Eine Zuschussrente. Doch in ihrer Partei blitzt sie ab – bis zur Bundestagswahl wird nichts passieren, lässt die Kanzlerin durchblicken. Die Linke vermutet einen Machtkampf.

Aus den Plänen von Ursula von der Leyen, niedrige Renten mit einem Zuschuss aufzustocken, wird vorerst nichts. Die Unionsspitze hat die Pläne der Bundesarbeitsministerin praktisch auf Eis gelegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte bei einem Treffen mit CDU-Ministern nach Angaben von Teilnehmern, dass sie die Pläne anders als früher skeptisch sehe. "Bis zum Wochenende habe ich  noch gedacht, das ist eine gute Sache. Aber je besser ich die Zahlen kenne, desto stärker wachsen meine Zweifel", zitiert sie die "Bild"-Zeitung. Sowohl Regierungssprecher Steffen Seibert als auch CDU/CSU-Fraktionschefs Volker Kauder betonten zudem, dass eine umfassende Lösung nötig sei, die Zeit brauche.

"Ich glaube, darüber sollten wir noch einmal eine intensive Diskussion in unserer Fraktion führen", sagte Kauder vor der Klausursitzung des Fraktionsvorstandes. Seibert verwies darauf, dass Merkel vor der CDU-Seniorenunion betont habe: "Wir stehen vor einer lange Debatte in der Union." Kauder dankte von der Leyen jedoch, dass sie in "dankenswerter Weise das Problem in einer Klarheit beschrieben hat, die zeigt, dass es wohl eine systematische Gesamtlösung geben muss".

Riexinger: "Merkel macht Konkurrentinnen platt"

Beide reagierten damit auf zwei Interviews der Bundesarbeitsministerin, in denen sie erneut mit Vehemenz für die schnelle Einführung einer Zusatzrente geworben hatte. "Mit jedem Jahr, das wir jetzt verschlafen, wird das Problem größer", sagte die CDU-Politikerin im ZDF. Und sie gehe fest davon aus, dass die Zusatzrente komme, bekräftigte sie auch in der "Bild". Der Frage, ob sie zurücktrete, wenn das Projekt von der Koalition nicht umgesetzt werde, wich sie aus. "Ich habe großes Vertrauen in die Union und diese Regierung, dass sie beim Thema Altersarmut nicht den Kopf in den Sand steckt." Nach einem Treffen mit jungen Unionsabgeordneten sprach sie sich dafür aus, rasch Klarheit zu schaffen: "Ich erwarte, dass wir bis Ende Oktober eine Antwort gefunden haben auf diese wichtige Frage". Nach den neuen Äußerungen aus der CDU wird eine Lösung in dieser Legislaturperiode allerdings sehr unwahrscheinlich.

Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger vermutet hinter diesem Vorgang einen Machtkampf: "Ich habe die Befürchtung, dass Schwarz-Gelb den Kampf gegen die Altersarmut den inneren Machtspielchen opfert. In Union und FDP wollen viele die Sozialministerin stürzen", so Riexinger gegenüber n-tv.de. "Die lassen selbst die Zuschussrente scheitern, weil Ursula von der Leyen ihr politisches Schicksal damit verknüpft hat. Und Merkel macht sowieso ohne Rücksicht auf Verluste alle potenziellen Konkurrentinnen platt."

Das heiße aber nicht, dass er von der Leyens Projekt unterstütze: "Die Zuschussrente ist wirklich gewaltiger Murks. Wenn das Rentenniveau sinkt, dann liegt die Zuschussrente bald unter Sozialhilfeniveau. Wir brauchen einen Plan B.", so Riexinger. "Niemand darf im Alter unter 1000 Euro fallen."

Von der Leyen hatte gewarnt, ohne zusätzliche private Vorsorge drohe allen Arbeitnehmern mit weniger als 2500 Euro brutto im Monat im Jahr 2030 eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung von 688 Euro. Mit der Zuschussrente will sie Minirenten auf bis zu 850 Euro aufstocken. In der Union stieß vor allem auf Kritik, dass die Ministerin damit eine massive Verunsicherung ausgelöst habe.

Diskussion um verschiedene Modellrechnungen

Zuvor war die stellvertretende CDU-Vorsitzende wegen ihrer Modellrechnungen zur Entwicklung der Altersarmut auch in der Union kritisiert worden. Nach der Rentenversicherung äußerte auch der Vorsitzende des einflussreichen Sozialbeirats, Franz Ruland, Kritik. "Die Zahlen des Ministeriums sind ärgerlich, weil mit ihnen wegen des untauglichen Versuchs, die Zuschuss-Rente zu begründen, die Rentenversicherung schlechtgeredet wird", sagte Ruland der "Süddeutschen Zeitung".

Es gelinge dem Ministerium nicht, mit seinen Berechnungen die Notwendigkeit einer Zuschuss-Rente zu begründen, beklagte Ruland. Die Berechnungen gingen von Personen aus, die 35 Jahre lang in die Rentenversicherung eingezahlt hätten. Jedoch werde die Altersgrenze für die Rente derzeit auf 67 angehoben. "Versicherte können also auf wesentlich mehr Zeiten kommen, die ihre Rente steigern; bei den meisten ist das heute schon der Fall."

Das Arbeitsministerium wies die Kritik an den Berechnungen zurück. Selbst wenn man 40 Jahre arbeite, sei künftig ein Grenzeinkommen von 2200 Euro nötig, um 688 Euro Rente zu erhalten. Wenn man 45 Jahre arbeite, seien dies 2000 Euro – also immer noch erheblich mehr als die definierte Grenze für Niedrigeinkommen von derzeit 1500 Euro. Die Folgen der Absenkung des Rentenniveaus seien auch deshalb so gravierend, weil 1,8 Millionen der Niedrigverdiener weder über eine Betriebsrente oder private Riester-Rente verfügten.

Quelle: ntv.de, che/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen