FDP-Politiker bilden Front Resolution gegen Karsli
20.05.2002, 11:00 UhrInnerhalb der FDP wächst die Zahl der Politiker, die bei der Aufnahme des umstrittenen neuen Parteimitglieds Jamal Karsli keinen Spaß verstehen. Der stellvertretende Vorsitzende der Liberalen, Walter Döring, und Hessens FDP-Chefin Ruth Wagner verfassten eine Resolution, in der Karsli zum Verlassen der Partei aufgefordert wird.
"Die antisemitischen Äußerungen von Herrn Karsli sind nicht mit den liberalen Grundwerten und Zielen der FDP vereinbar", heißt es in der Erklärung. Sollte das Neumitglied nicht freiwillig die Partei verlassen, müsse die FDP in Nordrhein-Westfalen "dem unsäglichen Spiel ein Ende setzen".
Möllemann unter Druck
FDP-Vize Jürgen Möllemann scheint in seiner Partei in dem zunehmend isoliert. Parteichef Guido Westerwelle sprach sich klar gegen eine Mitgliedschaft Karslis aus. "Der auf der Landesliste der Grünen gewählte nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Jamal Karsli hat nach seinen inakzeptablen Äußerungen keinen Platz in der FDP", so Westerwelle in "Bild am Sonntag".
Er habe seine Haltung mit den beiden Ehrenvorsitzenden der Partei, Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff, abgesprochen. Alle drei seien sich darüber einig, dass Karslis antisemitische Äußerungen und die Form seiner Äußerungen ihn untragbar für die Liberalen machten.
Zuvor hatte sich Genscher im parteiinternen Konflikt um das Neumitglied Karsli gegen Möllemann gestellt. Genscher teilte in Bonn mit, er sehe für den Ex-Grünen Karsli "keinen Platz" in der FDP. Es sei "unverzichtbar", den Beschluss über die Aufnahme des Landtagsabgeordneten in die FDP aufzuheben.
Das FDP-Präsidiumsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kündigte im Berliner Radio Multikulti an, dass sich die Bundesgremien ihrer Partei mit dem Fall Karsli befassen würden, falls es nicht bei einer Sondersitzung des Landesvorstands am 3. Juni zu einer "Korrektur" komme.
Möllemann bleibt stur
Möllemann verteidigte dagegen die Aufnahme Karslis. "Diese Entscheidung halte ich für richtig", sagte er der "Kölnischen Rundschau". Möllemann war nicht nur wegen des Falls Karsli in die Kritik geraten. Am Donnerstagabend hatte er im ZDF auch gesagt, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, sei "mit seiner intoleranten, gehässigen Art" mit verantwortlich für den Zulauf auf Seiten der Antisemiten. Man müsse Kritik an der Politik des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon üben dürfen, ohne in die antijüdische Ecke gestellt zu werden. Der Zentralrat hatte darauf mit Empörung reagiert. Karsli hatte das Vorgehen der israelischen Armee gegen die Palästinenser las "Nazi-Methoden" bezeichnet.
SPD auf Distanz
Die SPD ging erneut auf Distanz zur FDP. "Ich kann nicht erkennen, dass vernünftige und auch seriöse Leute bei den Freien Demokraten noch etwas zu sagen haben", sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck. Die FDP sei nicht mehr liberal, sondern zu einer "reinen Schaupartei degeneriert". Westerwelle sei nur noch ein "Klamaukpolitiker". Aus reiner Effekthascherei habe dieser Möllemanns "antisemitische Tiraden" zugelassen und so dazu beigetragen, Vorurteile gegen Juden wieder salonfähig zu machen.
Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) forderte die FDP auf, Karsli aus der Partei auszuschließen. Die Liberalen würden ansonsten ihre Wahlchancen bei der Bundestagswahl im September halbieren. Die FDP dürfe durch Karsli nicht in ein falsches Licht gerückt werden. Sie sei kein Hort für Radikale. Er hoffe, dass Möllemann, der sich in eine Koalition mit der SPD drängen wolle, nun seinen Rückzug antreten werde, erklärte Stoiber.
Auch die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley mischte sich in die Diskussion ein: In einem offenen Brief kritisierte sie Möllemann scharf und forderte ihn zum Rücktritt auf. Er verhalte sich "wie ein lumpiger Antisemit".
Quelle: ntv.de