Politik

Veto-Mächte können sich einigen Resolutionsentwurf zu Syrien steht

Bei der Übertragung der Generaldebatte. Kerry hatte sich mit Lawrow auch kurz zu zweit ausgetauscht.

Bei der Übertragung der Generaldebatte. Kerry hatte sich mit Lawrow auch kurz zu zweit ausgetauscht.

(Foto: dpa)

Seit Beginn des Syrien-Konflikts präsentiert sich der UN-Sicherheitsrat zerstritten. Aber nun haben sich die Vetomächte - allen voran Russland und die USA - doch auf eine Syrien-Resolution geeinigt. Dabei wird der Giftgasanschlag vom August wohl ungesühnt bleiben.

Die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat haben sich auf eine Resolution geeinigt, die Syriens Regierung zur Vernichtung ihrer Chemiewaffen zwingt, jedoch nicht mit Sanktionen oder militärischer Gewalt droht. Die Resolution, die noch vom gesamten UN-Sicherheitsrat angenommen werden soll, basiert auf dem zuvor gefundenen amerikanisch-russischen Kompromiss zur Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals.

"Wir haben uns mit den USA auf einen Entwurf für eine Resolution geeinigt", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow, ohne weitere Details zu nennen. US-Chefdiplomat John Kerry bestätigte dies kurze Zeit später. Er hoffe, dass die Ausfuhr und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen nun vorangetrieben werden könne, sagte Kerry.

Die 15 Mitglieder des wichtigsten UN-Gremiums berieten bereits in einer Sondersitzung über den Resolutionsentwurf. Noch heute Abend (Ortszeit, 02.00 Uhr MESZ) könnte der Sicherheitsrat dann über den Text abstimmen, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. Zuvor muss die Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag dem Plan der USA und Russlands zur Vernichtung der verbotenen Kampfstoffe zustimmen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, der Entwurf sei ein "Schritt in die richtige Richtung". Die Einigung lasse auf einen rechtlich verbindlichen Rahmen hoffen, der Syriens Führung "klare Vorgaben" mache und einen "präzisen Zeitplan" für die Beseitigung der Chemiewaffen vorgebe.

Nervengas offenbar leichter zu vernichten

Nach einem Bericht der "Washington Post" ist der größte Teil des Arsenals von syrischen Nervenkampfstoffen leichter zu vernichten als bislang angenommen. Russische und amerikanische Beamte gingen davon aus, dass der Großteil des Arsenals aus "nicht als Waffe einsetzbaren, flüssigen Vorläuferstoffen" bestehe, die relativ schnell neutralisiert werden könnten, schreibt das Blatt. Das mindere das Risiko, dass das Gift vom Regime versteckt oder von Terroristen gestohlen werden könnte. Eine vertrauliche Einschätzung der USA und Russlands komme außerdem zu dem Schluss, dass das gesamte syrische Arsenal in etwa neun Monaten zerstört werden könnte, wenn das Regime mitspiele.

Inspektion könnte am Dienstag beginnen

Die UN-Inspekteure hatten den C-Waffeneinsatz nachgewiesen, aber keinen Schuldigen dafür benannt.

Die UN-Inspekteure hatten den C-Waffeneinsatz nachgewiesen, aber keinen Schuldigen dafür benannt.

(Foto: REUTERS)

Der Text greift nun laut Diplomaten die Forderungen des Westens auf, dass Damaskus rechtlich an eine chemische Abrüstung gebunden werden muss. Gleichzeitig erfülle er die russische Forderung, keinerlei unmittelbare Drohung auszusprechen, sollte Damaskus seinen Pflichten nicht nachkommen.

Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW) kündigte bereits an, ihre Untersuchungen spätestens am kommenden Dienstag zu beginnen. Die OVCW fordert nicht nur Zugang zu den schon von Damaskus aufgelisteten Anlagen und Lagerstätten. Auch "jeder andere Ort", der mit dem Chemiewaffenprogramm in Verbindung gebracht werde, müsse inspiziert werden können. Die Organisation soll die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen überwachen.

Sollte Syrien den Plan nach den beschlossenen Regeln nicht befolgen, wäre vielmehr eine zweite Resolution im UN-Sicherheitsrat nötig, bei der Zwangshandlungen beschlossen werden könnten. Russland hätte dann die Chance, gegen solche Sanktionen zu stimmen. Der Kompromiss beinhaltet damit die Drohung mit einer Drohung.

Der ausgehandelte Resolutionsentwurf macht ein weiteres wichtiges Zugeständnis an Russland: So wird die syrische Regierung darin nicht direkt für den Chemiewaffenanschlag am 21. August am Rande von Damaskus verantwortlich gemacht. Das Giftgasattentat mit mehr als 1.400 Toten hatte die Internationale Gemeinschaft aufgerüttelt und die Debatte um eine UN-Resolution ausgelöst. Der aktuelle Entwurf spricht lediglich davon, dass der Verantwortliche für den Chemiewaffenangriff zur Rechenschaft gezogen werden müsse.

Deutschland und andere europäische Länder hatten auch darauf gedrungen, den Strafgerichtshof mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Giftgasangriffe zu beauftragen. Hiervon ist in dem Entwurf aber keine Rede. Stattdessen heißt es lediglich, diejenigen, die für den Einsatz der Chemiewaffen verantwortlich seien, müssten "zur Verantwortung gezogen werden".

Weitere Oppositionsgruppen sagen sich los

Während die syrische Opposition in New York um internationale Unterstützung ringt, verweigern ihr daheim an der Front immer mehr Rebellen die Gefolgschaft. Die regimekritische Website "Aksalser" berichtete, Amar al-Wawi, ein führendes Mitglied der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA), habe der Nationalen Syrischen Allianz und dem FSA-Generalstab im Namen mehrerer FSA-Brigaden die Gefolgschaft aufgekündigt. Zur Begründung hieß es, die Oppositionellen hätten den Anliegen der Kämpfer an der Front nicht genügend Beachtung geschenkt. Diese Woche hatten bereits 13 Brigaden mit islamistischem Hintergrund erklärt, das Oppositionsbündnis spreche nicht in ihrem Namen.

Der Vorsitzende der Allianz, Ahmed al-Dscharba, hatte am Donnerstag am Rande der UN-Vollversammlung in New York vor Regierungsvertretern der Staaten der sogenannten Syrien-Freundesgruppe erklärt, die Entstehung radikaler Islamistenbrigaden sei das Ergebnis einer Strategie des Regimes von Präsident Assad, "aus der Revolution einen Konflikt zwischen den verschiedenen Religionsgruppen zu machen". Assad gehört der Minderheit der Alawiten an. Die meisten Regimegegner sind Sunniten.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP

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