Politik

Atomlaufzeiten am Bundesrat vorbei Rheinland-Pfalz droht mit Klage

Seit der Wahlniederlage von Union und FDP in NRW sehen SPD und Grüne die Chance, eines der wenigen gemeinsamen Lieblingsprojekte der Berliner schwarz-gelben Koalition zu stoppen - die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke. Das könnte allerdings nur gelingen, wenn die Verlängerung von der Zustimmung des Bundesrats abhängt.

Blick in den mit Brennelementen bestückten Reaktordruckbehälter des AKW Grafenrheinfeld (Unterfranken).

Blick in den mit Brennelementen bestückten Reaktordruckbehälter des AKW Grafenrheinfeld (Unterfranken).

(Foto: dpa)

Im Streit um längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke droht Rheinland-Pfalz der schwarz-gelben Bundesregierung mit einer Verfassungsklage. Sein Land wolle vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, falls die Koalition eine Verlängerung am Bundesrat vorbei beschließe, kündigte Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in Berlin an.

Dort stellte Beck ein Rechtsgutachten einer Berliner Anwaltskanzlei vor. "Eine Atomgesetznovelle mit dem Ziel der Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke bedarf der Zustimmung des Bundesrates", hieß es da.

Auch zwei Gutachten im Auftrag von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) waren zu diesem Ergebnis gekommen. Experten des Innen- und Justizministeriums argumentieren dagegen, dass eine geringe Verlängerung der Betriebszeiten im Atomgesetz ohne den Bundesrat vertretbar sei.

Trick 17 der Bundesregierung

Weil Schwarz-Gelb im Bundesrat keine Mehrheit mehr hat, will die Regierung ein neues Atomgesetz ohne die Länderkammer auf den Weg bringen.

Nach Ansicht der Grünen, verläuft die Entwicklung gegen die Gesetze des Marktes.

Nach Ansicht der Grünen, verläuft die Entwicklung gegen die Gesetze des Marktes.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Mainzer Landesregierung warnte Schwarz-Gelb, sich auf einen rechtlich riskanten Kurs zu begeben. "Das beabsichtigte Vorgehen der Bundesregierung bedeutet Rechtsunsicherheit für die gesamte Energiebranche und wird unweigerlich zu Investitionszurückhaltung führen." Der Ausbau der Öko-Energien werde durch mehr Atomkraft gefährdet.

Mappus will gegen Atomausstieg klagen

Andereseits droht nun auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) mit einer Verfassungsklage. Er könne sich vorstellen, zeitgleich zur Verlängerung der Laufzeiten eine Normenkontrollklage gegen den rot-grünen Atomausstieg einzureichen. "Das hätte durchaus einen Reiz", sagte Mappus bei einer CDU- Regionalkonferenz im badischen Bühl.

Atom-Entscheidung verschoben

Die Regierung will frühestens Ende August ihr neues Energiekonzept vorlegen. Dabei soll auch die Atomfrage geklärt werden. Unklar ist, wie viel der Staat von den Milliarden-Zusatzgewinnen der Stromkonzerne abschöpfen will. Unabhängig von den Laufzeiten will die Koalition 2011 eine Brennelementesteuer einführen, die pro Jahr 2,3 Milliarden Euro einbringen soll.

Die Kernkraftwerke sollen nach dem Willen der Koalition mindestens zehn Jahre länger laufen als im rot-grünen Atomausstieg vereinbart. Die Maximaldauer ist noch offen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) rechnet mit bis zu 17 Jahren zusätzlich.

Wieder Pannen in Brunsbüttel und Krümmel

Erst am Dienstag hatte es in den derzeit abgeschalteten Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel schon wieder meldepflichtige Zwischenfälle der Kategorie "N" (Normal) gegeben. In Brunsbüttel startete bei Abnahmeprüfungen an einer Schaltanlage ungewollt ein Notstromdiesel im Unabhängigen Notstandssystem, teilten der Betreiber Vattenfall und das in Schleswig-Holstein für die Atomaufsicht zuständige Justizministerium mit. Sicherheitstechnisch relevante Auswirkungen hatte der Start laut Vattenfall nicht, formal wurde jedoch ein Meldekriterium erfüllt.

In Krümmel wurde an einem der sechs Notstromdiesel ein Riss an einer Kraftstoffleitung entdeckt. Die Leitung wurde ausgetauscht. Die Kraftwerke sind seit Mitte 2007 aufgrund von Pannen fast durchgehend vom Netz.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen