US-Raketenschild in Polen Rice: "Kein Kalter Krieg"
20.08.2008, 12:17 UhrUS-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr polnischer Kollege Radoslaw Sikorski haben in Warschau das Abkommen über die Stationierung eines US-Raketenschilds in Polen unterzeichnet. An der feierlichen Zeremonie nahmen auch Polens Staatspräsident Lech Kaczynski und Regierungschef Donald Tusk teil.
Die Vereinbarung sieht den Aufbau eines US-Stützpunkts mit zehn Abfangraketen im Norden des Landes vor. Eine Radarstation in Tschechien soll die Daten für einen Abschuss fremder Raketen liefern. Das gesamte System soll ab 2015 einsatzfähig sein. Im Gegenzug verpflichten sich die USA, Polen Luftabwehrraketen vom Typ Patriot zur Verfügung zu stellen. Geplant sind ferner US-Finanzhilfen für die polnischen Streitkräfte.
Rice bekräftigte, dass nicht die Gefahr eines neuen Kalten Krieges bestünde. "Ich glaube nicht, dass dies ein neuer Kalter Krieg ist", sagte Rice. "Es ist eine schwierige Zeit, aber wir sollten die Schwierigkeiten nicht überbewerten." Während des Kalten Krieges habe es große ideologische Unterschiede zwischen Ost und West gegeben. Dies sei aber vorbei, sagte Rice.
Auch Russland plant Abwehr
Offenbar in Reaktion auf die Unterzeichnung hatte die russische Regierung zuvor verkündet, sie wolle gemeinsam mit Weißrussland ein Luftabwehrsystem aufbauen. Das Präsidialamt in Moskau teilte auf seiner Internetseite mit, Präsident Dmitri Medwedew und sein weißrussischer Kollege Alexander Lukaschenko hätten sich bei Gesprächen in der südrussischen Stadt Sotchi auf entsprechende Pläne geeinigt. Ein Abkommen über das Abwehrsystem solle bei einem Gipfeltreffen im Herbst unterzeichnet werden.
Auch Syrien bot Russland Unterstützung beim Aufbau eines Abwehrsystems an. "Ich denke, Russland sollte wirklich über Gegenschritte nachdenken, um gegen seine Umzingelung vorzugehen", sagte der syrische Präsident Baschar al-Assad. Es gebe jedoch noch keine Gespräche, hieß es.
"Ausschließlich defensives System"
Kaczynski hatte am Dienstagabend die Kritik aus Russland an dem US-Raketenschild zurückgewiesen. "Niemand kann Polen diktieren, was es zu tun hat", sagte das Staatsoberhaupt in einer Fernsehansprache an die Nation. Diese Zeiten seien vorbei. Der Schild sei ein ausschließlich "defensives System". Russland sieht sich durch das US-Abwehrsystem in den ehemaligen Ostblockstaaten jedoch bedroht und hat dem Westen mit Gegenmaßnahmen gedroht. Die USA begründen das Raketenabwehrsystem mit Bedrohungen aus "Schurkenstaaten" wie Iran und Nordkorea.
Washington und Warschau hatten sich nach mehrjährigen Verhandlungen vor knapp einer Woche auf einen Kompromiss geeinigt. Das Ausmaß der Gegenleistungen der USA war bis zuletzt umstritten. Das Abkommen muss noch vom Parlament ratifiziert werden. Die Zustimmung gilt als sicher, weil auch die nationalkonservative Opposition von Jaroslaw Kaczynski das Projekt unterstützt.
Quelle: ntv.de