Chaos im Hotelzimmer Richard Descoings ist tot
04.04.2012, 07:43 Uhr
Richard Descoings war Leiter des Pariser Instituts für Politikstudien (IEP).
(Foto: REUTERS)
Er liegt nackt in seinem Bett, als ihn ein Hotelmitarbeiter in New York findet. Der Direktor der Pariser Eliteuni Sciences Po ist tot. In seinem Zimmer herrscht Chaos. Die Polizei leitet Ermittlungen ein, schließt ein Gewaltverbrechen aber aus. Frankreichs Präsident Sarkozy sowie UN-Generalsekretär Ban sind bestürzt.
Der Direktor der renommierten Pariser Universität Sciences Po, Richard Descoings, ist tot. Der Leiter des Institut d'Etudes Politiques (IEP) starb nach Angaben der Universität und der dazugehörigen Nationalen Stiftung der Politikwissenschaften (FNSP) sowie der US-Polizei am Dienstag in New York. Die New Yorker Beamten leiteten Ermittlungen zu den Umständen des Todes ein, schlossen ein Gewaltverbrechen aber aus.
Das IEP und die FNSP äußerten sich "zutiefst traurig" über den plötzlichen und unerklärlichen Tod des 53-Jährigen. "Für alle, die an der Sciences Po lehren, arbeiten und studieren, ist der Tod von Richard Descoings ein unersetzbarer Verlust", erklärten das Institut und die Stiftung in Paris. Descoings hatte die meist nur Sciences Po genannte Eliteuni 16 Jahre lang geleitet und in dieser Zeit eine Reihe von Reformen eingeleitet.
Chaos durch Ärzte?
In New York hielt er sich auf Einladung der UNO zu einer Konferenz von Universitätsdirektoren aus aller Welt auf. Um 10.30 Uhr Ortszeit am Dienstagvormittag habe Descoings in seinem Hotelzimmer in Manhattan noch geschlafen, sagte Paul Browne von der New Yorker Polizei. Gegen 13 Uhr habe ihn ein Angestellter dann tot aufgefunden. Demnach lag Descoings unbekleidet auf dem Bett und das Zimmer war in einem chaotischen Zustand.
Am Abend teilte die Polizei dann mit, ein Gewaltverbrechen könne ausgeschlossen werden, dafür gebe es "keine Beweise". Das Chaos im Zimmer sei wahrscheinlich durch Ärzte verursacht worden, die den 53-Jährigen wiederbeleben wollten. Auch zuvor vermisste Gegenstände, Descoings Laptop und sein Handy, seien wieder aufgetaucht. Zu der möglichen Todesursache äußerte sich die Polizei aber nicht. Dafür müsse das Ergebnis der Gerichtsmedizin abgewartet werden, sagte Browne.
"Großer Staatsdiener"
Präsident Nicolas Sarkozy würdigte Descoings als "großen Staatsdiener" und lobte seine "außerordentliche Karriere". Descoings habe an der Spitze von Sciences Po dem Institut zu Anerkennung in der Welt verholfen, teilte der Elysée-Palast mit. Auch Außenminister Alain Juppé und Hochschulminister Laurent Wauquiez äußerten sich bestürzt und lobten die Verdienste Descoings. Descoings habe sich "unermüdlich" für die französische Wissenschaft eingesetzt, erklärte Juppé. Wauquiez betrauerte den Verlust eines "Freundes".
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Präsident der Universität von Columbia in New York, Lee Bollinger, zeigten sich ebenfalls "zutiefst traurig" über den Tod des IEP-Präsidenten. Descoings sei in Frankreich und in der Welt anerkannt gewesen und habe "viel Energie" in die Möglichkeit gesteckt, Universitäten einer breiteren Masse zugänglich zu machen.
Descoings öffnete er das Politikinstitut für Studenten aus ärmeren Familien und für Ausländer. Er ermöglichte durch Stipendien geringere Studiengebühren. Bei den Studenten war Descoings äußerst beliebt.
Quelle: ntv.de, AFP