Umstrittene Gesundheitspläne Rösler bittet zum Gespräch
02.06.2010, 19:54 UhrBei der geplanten Gesundheitsreform droht Schwarz-Gelb eine Zerreißprobe: Die CSU lehnt das FDP-Modell einer zusätzlichen 30-Euro-Kopfpauschale kategorisch ab. Gesundheitsminister Rösler lässt sich dennoch nicht beirren.

Rösler hat es zurzeit nicht leicht.
(Foto: dpa)
In die Debatte um die umstrittenen Reformpläne für die Krankenversicherung von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler ist wieder Bewegung gekommen. Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP hätten sich bei einem Treffen darauf verständigt, dass die zuständigen Fachpolitiker noch einmal über den von Rösler vorgelegten Entwurf sprechen sollten, hieß es in Koalitionskreisen in Berlin.
Rösler habe die Fachpolitiker der anderen Parteien deshalb für Donnerstag in sein Ministerium eingeladen, hieß es weiter. Zuvor hatte vor allem die CSU kategorisch erklärt, sie trage das Konzept Röslers zur Einführung von Kopfpauschalen für die gesetzliche Krankenversicherung nicht mit. Auch die Opposition hatte den Plan als unsozial und zu bürokratisch abgelehnt.
CSU blockiert Rösler
"Wir haben das Konzept intensiv geprüft. Das ganze CSU-Präsidium kommt zu dem Ergebnis, dass wir es nicht mittragen können", sagte Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder der Tageszeitung "Die Welt". Eine Kombination aus Beitragserhöhungen und Kopfpauschale sei der falsche Weg, denn damit werde vor allem die Mittelschicht belastet, sagte Söder. Das widerspreche dem Grundgedanken einer bürgerlichen Regierung.
Söder kritisierte zudem, dass Röslers Pläne in der Praxis kaum umsetzbar seien. Die Krankenkassen müssten quasi zu Steuerbehörden werden, um den Sozialausgleich zu organisieren. Das koste Millionen und bringe mehr Bürokratie. "Letztlich ist der Rösler-Plan nur ein Finanzierungsvorschlag für das Jahr 2011. Für eine zukunftsfeste Finanzierungsgrundlage bietet er keine Perspektive", sagte Söder.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärte, unterm Strich bedeute Söders Vorschlag Beitragserhöhungen und Solidarausgleich nur auf Antrag und bei Offenlegung aller Einkünfte. "Das ist für uns nicht vorstellbar."
Opposition auch erzürnt
Auch bei der Opposition stößt Röslers Konzept auf entschiedene Ablehnung. "Die ganze Maßnahme ist überflüssig", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der "Passauer Neuen Presse". Das von Rösler angepeilte System sei "sehr viel bürokratischer und ungerechter als das derzeitige". Außerdem führe es "zu einer Belastung der Geringverdiener, weil der Mini-Sozialausgleich über den gestaffelten Beitrag die Mehrkosten der Pauschale nicht ausgleicht".
"Röslers Kopfpauschale ist nicht weniger als der Einstieg in den Ausstieg aus der solidarischen Gesundheitsfinanzierung", erklärte Linken-Chef Klaus Ernst. Das Konzept sei so angelegt, "dass die Kopfpauschale von 30 Euro mittelfristig zwangsläufig immer mehr ansteigt und so das solidarische Krankenkassen-System aushebelt". Die Linke werde eine Kampagne gegen die Rösler-Pläne starten.
Auch der Gesundheitsexperte Bert Rürup kritisierte Röslers Konzept. "30 Euro wären ein gesichtswahrender Einstieg in das Pauschalsystem", sagte er dem Gesundheitswirtschaftsmagazin "kma". "Verrat an der Pauschalbeitragsidee ist es allerdings, den unverzichtbaren sozialen Ausgleich nicht aus dem allgemeinen Steueraufkommen, sondern nur von den etwas besser verdienenden Kassenmitgliedern finanzieren zu lassen."
Pauschale von 30 Euro
Röslers Modell sieht die Einführung ergänzender Gesundheitsprämien bei den gesetzlichen Krankenkassen vor, die die Versicherten ab 2011 unabhängig von ihrem Einkommen zum allgemeinen Beitragssatz entrichten sollen. Im Durchschnitt soll die Prämie 30 Euro im Monat betragen. Im Gegenzug soll der Beitragssatz für die Arbeitnehmer gesenkt werden. Statt wie bisher 7,9 Prozent sollen sie künftig maximal 7,3 Prozent von ihrem Einkommen an die Krankenkasse abtreten.
Für Geringverdiener sollen die Sätze auf bis zu fünf Prozent - etwa bei einem Einkommen von 1000 Euro - sinken. Durch diese Staffelung will Rösler für einen Sozialausgleich sorgen und Geringverdienern unter die Arme greifen, die sich die Prämie nicht leisten können. Die Arbeitgeberbeiträge sollen hingegen von 7,0 auf 7,3 Prozent steigen.
Das Konzept soll offenbar bereits bei der am kommenden Sonntag beginnenden Klausurtagung des Bundeskabinetts auf die Tagesordnung kommen. Am Montag hatte Rösler in einem Vier-Augen-Gespräch in München beim CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer für sein Konzept geworben. Seehofer hatte sich kategorisch gegen höhere Kassenbeiträge ausgesprochen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP