Gesundheitsreform unter Dauerfeuer Rösler bleibt Zweckoptimist
17.03.2010, 18:35 UhrDie Kommission zur Gesundheitsrefor nimmt ihre Arbeit auf und Minister Rösler ist optimistisch, dass es zu einer Lösung kommt. Der Widerstand wächst allerdings - erstmal äußern auch Ärzte ihren Widerstand.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler hat sich nach der ersten Sitzung der Regierungskommission zur Gesundheitsreform zufrieden gezeigt. Alle zögen "an einem Strang", sagte Rösler nach der konstituierenden Sitzung des Gremiums. Man habe einen "klaren Auftrag". Eine Reform könne nur funktionieren, wenn es einen sozialen Ausgleich gebe, erklärte der FDP-Politiker. Das Treffen blieb allerdings ohne greifbare Ergebnisse. Vor dem Berliner Tagungsort protestierten rund 50 Demonstranten unter dem Motto "Kopfpauschale stoppen".
Opposition, Gewerkschaften und auch der Koalitionspartner CSU lehnen den von Rösler geplanten pauschalen Krankenkassenbeitrag - die sogenannte Kopfpauschale – allerdings weiter ab. Von CSU-Seite ist Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner in der Regierungskommission "zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Gesundheitswesens" vertreten. Die Regierungskommission steht unter erheblichem Druck. Berichten zufolge droht der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr ein Defizit von rund elf Milliarden Euro.
Union und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag eine Neuordnung des Gesundheitssystems vereinbart. Um die Details wird allerdings seit Monaten gestritten. Rösler will für gesetzlich Versicherte schrittweise eine Kopfpauschale oder Gesundheitsprämie einführen. Für Geringverdiener soll es einen Sozialausgleich aus Steuermitteln geben.
CSU bleibt bei Ablehnung
Die CSU lehnt die Kopfpauschale als unsolidarisch und nicht finanzierbar ab. Dies gelte auch für Pläne, die Kopfpauschale "scheibchenweise" einzuführen, bekräftigte Generalsekretär Alexander Dobrindt in der "Welt". Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder kritisierte die Kopfpauschale im Bayerischen Rundfunk als unsolidarisch, "ob groß oder klein".

Das Gremium: Gesundheitsminister Rösler, (obere Reihe l-r), de Maizière (Innen/CDU), Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz/FDP), Schäuble (Finanzen/CDU), (unten l-r) Brüderle (Wirtschaft/FDP), von der Leyen (Arbeit/CDU), Aigner (Verbraucher/CSU), und Schröder (Familie/CDU).
(Foto: picture alliance / dpa)
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach von einer "kopflosen Politik gegen das Volk". SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte in der "Passauer Neuen Presse" vor einer Vertiefung der "Zweiklassengesellschaft im Gesundheitssystem". "Eine Kopfpauschale kostet 35 Milliarden Euro Sozialausgleich im Jahr, der Gesundheitsminister will weniger als zehn Milliarden Euro ausgeben. Daraus kann man nur einen Schluss ziehen: Es sollen Leistungen gestrichen werden, die die gesetzlich Versicherten in Zukunft bei den Privatkassen einkaufen müssten", sagte Gabriel.
Erstmals machten auch Teile der Ärzteschaft mit einer Unterschriftenaktion massiv Front gegen Röslers Gesundheitspolitik. Der Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte (VDÄÄ) forderte alle Mediziner zum öffentlichen Protest gegen die Kopfpauschale auf.
Merkel stützt Rösler
Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich allerdings in aller Deutlichkeit hinter Rösler und verteidigte die Gesundheitspolitik der Koalition. Der geplante Sozialausgleich über Steuern sei "gerechter" als ein Ausgleich über die Beiträge, sagte Merkel in der Generaldebatte des Bundestags. Rösler dementierte indes Berichte, er plane eine Extraprämie von zunächst 29 Euro. "Das ist überhaupt nicht mein Modell", sagte er.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte von der Regierungskommission "schnellstmöglich ein Konzept für die Entkoppelung von Gesundheits- und Arbeitskosten". Dazu gebe es keine Alternative, erklärte er mit Blick auf das Vorhaben der Koalition, die Arbeitgeberbeiträge einzufrieren. Andernfalls drohten im kommenden Jahr Beitragserhöhungen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP