Schicksalstag für die FDP Rösler kann nicht gewinnen
15.12.2011, 22:32 Uhr
Seit Mai ist Rösler FDP-Chef.
(Foto: picture alliance / dpa)
An diesem Freitag veröffentlicht die FDP das Ergebnis ihres Mitgliederentscheids. Derzeit sieht es so aus, als würde das Quorum knapp verfehlt. Aufatmen kann Parteichef Rösler jedoch keineswegs, neuer Streit droht über den Ausgang der Abstimmung. Von der angestrebten Geschlossenheit ist die FDP weit entfernt.
Die angeschlagene FDP legt an diesem Freitag das Ergebnis ihres Mitgliederentscheids über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM vor. Der Ausgang der Abstimmung wird mit großer Spannung erwartet: Sollten die "Euro-Rebellen" um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler gewonnen haben, dürfte es nicht nur für FDP-Chef Philipp Rösler eng werden.
Auch die Koalition insgesamt stünde auf dem Spiel. Denn dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den ESM aufgeben würde, ist nicht zu erwarten. Der Rettungsschirm soll Mitte 2012 den befristeten derzeitigen EFSF ablösen. Bei beiden Fonds geht es um Kredite von mehreren hundert Milliarden Euro.
Seit Oktober konnten die 65.000 Parteimitglieder ihre Stimme abgeben. Damit der Entscheid bindend ist, müsste sich ein Drittel der FDP-Mitglieder beteiligt haben. Während des parteiinternen Wahlkampfes hatte Rösler erkennbar darauf gesetzt, dass dieses Quorum von rund 21.500 Stimmen verfehlt wird.
Quorum offenbar knapp verfehlt
Aus Parteikreisen verlautete am Abend, dass diese hoch umstrittene Strategie knapp aufgegangen sein könnte - aber nur, weil rund zehn Prozent der per Brief eingetroffenen Stimmen nicht gewertet worden seien. Sie seien nicht gezählt worden, weil ihnen die vorgeschriebene persönliche Erklärung nicht beigefügt war. Auf dieser müssen die Teilnehmer erklären, dass sie Parteimitglied sind und den Stimmzettel selbst ausgefüllt haben.
Die Auszählung läuft seit Donnerstagmorgen. Am Freitagmittag kommen Präsidium und Vorstand der Partei zu Beratungen zusammen. Dort soll das endgültige Ergebnis beraten werden.
19.672 gültige Stimmen bis Donnerstagabend
Die "Frankfurter Rundschau" berichtete vorab, es seien 19.672 gültige Stimmen eingegangen. 2000 weitere Stimmen seien als nicht abgegeben gewertet worden, weil die Erklärung gefehlt habe. Auch die "Süddeutsche Zeitung" berichtete von 19.672 gültigen Stimme und mehr als 2000 nicht gewerteten Wahlzetteln.
FDP-Sprecher Wulf Oehme dementierte, dass das Ergebnis schon feststehe. Auch der Posteingang vom Freitag werde bei der Auszählung noch berücksichtigt. Die Auszählung werde erst anschließend - wohl gegen Mittag - beendet sein.
Doppeltes Risiko
Die Initiatoren um den Finanzpolitiker Schäffler hatten bereits mehrfach kritisiert, das Verfahren sei zu kompliziert gewesen. In der Mitgliederzeitschrift befanden sich Stimmzettel und persönliche Erklärung auf unterschiedlichen Seiten. Viele hätten daher die Erklärung vergessen, hatte Schäffler moniert. Ein Scheitern des Quorums aus rein formaljuristischen Gründen könnte die Parteispitze erneut in Bedrängnis bringen.
In Bedrängnis könnte die FDP-Führung auch geraten, wenn das Quorum verfehlt wird, die Abstimmung jedoch eine klare Mehrheit gegen den ESM ergibt. Rösler wie auch der designierte Generalsekretär Patrick Döring haben betont, sie würden das Ergebnis nur dann als bindend ansehen, wenn das Quorum erreicht wird. "Wenn das Quorum nicht erreicht wird, gilt das Ergebnis als Mitgliederbefragung. Dann bleiben die geltenden Parteitagsbeschlüsse, zuletzt vom Parteitag in Rostock, in Kraft", sagte Döring der "Süddeutschen Zeitung". Diese Linie durchzuhalten, könnte schwierig werden.
Prognose sorgte für Ärger
Rösler hatte die Partei bereits verärgert, als er am vorigen Wochenende ohne Not vorpreschte und die Initiatoren des Mitgliederentscheids vor Ablauf der Stimmabgabefrist zu Verlierern stempelte. Bislang seien nur etwa 16.000 Stimmen eingegangen, hatte er der "Bild am Sonntag" gesagt. "Und da nun pro Tag lediglich einige hundert Stimmzettel eingehen, sehe ich nicht, wie bis Dienstag diese Marke doch noch erreicht werden soll." Sollte sich nun auch noch herausstellen, dass er mit diesem Vorstoß die Gegner erst richtig mobilisiert hat, dürfte sich die Kritik an Rösler noch verschärfen.
"Wir müssen uns nach dem Ausgang hinter dem Ergebnis versammeln und es gemeinsam vertreten", sagte Döring im ZDF."Die nächsten Tage sind voll auf die neue Geschlossenheit der FDP gerichtet." Entscheidend sei, dass sich die FDP nicht erneut in Personaldebatten verstricke. Dieser Wunsch scheint sich nicht zu erfüllen. Führende Liberale sollen bereits über einen vorgezogenen Parteitag vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai beraten.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa/rts