FDP droht mit Haushaltsblockade Rösler will Sozialabgaben senken
07.07.2011, 08:04 Uhr
Neuer Chef, alte Botschaft: Rösler fordert Entlastung nach Entlastung.
(Foto: dpa)
Im Streit um Steuersenkungen droht der schwarz-gelben Koalition neuer Ärger. FDP-Chef Rösler fordert eine Entlastung bereits 2012. Der Wirtschaftsminister will die Lohnnebenkosten bereits im nächsten Jahr senken. Doch Finanzminister Schäuble und mehrere Länderchefs bleiben skeptisch. Die FDP droht deshalb bereits mit der Blockade des Haushalts.
Der FDP gehen die von der schwarz-gelben Koalition beschlossenen Entlastungen nicht schnell genug: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hat eine Senkung der Lohnnebenkosten noch vor der versprochenen Steuerentlastung ab 2013 verlangt. "Eine Entlastung bei Sozialabgaben ist schon ab 2012 möglich", sagte der FDP-Chef der "Passauer Neuen Presse". "Diese Chance sollten wir nutzen."
Die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP - Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Rösler - hatten sich darauf verständigt, die Bürger im Bundestagswahljahr 2013 steuerlich besser zu stellen. Sie verabredeten auch, die Sozialversicherungsbeiträge wegen der guten Beschäftigungslage zu senken. Das Bundeskabinett hatte die Entlastungspläne am Mittwoch "zur Kenntnis" genommen. Details sollen aber erst im Herbst festgelegt werden.
Die Pläne der schwarz-gelben Koalition sind nicht nur bei SPD und Grünen, sondern auch in CDU-geführten Ländern auf Kritik gestoßen. Sie argumentieren, es gebe für Steuerentlastungen keinen Spielraum. Union und FDP brauchen aber die Unterstützung der Länderkammer.
Schäuble bleibt skeptisch
Allerdings gibt es auch innerhalb der Bundesregierung weiter große Vorbehalte gegen Steuersenkungen. Vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble tritt auf die Bremse. Am Mittwochabend äußerte er sich im ZDF weiter skeptisch zu den Plänen. Vorrangig angegangen werden solle das Problem der sogenannten Kalten Steuerprogression, so der Finanzminister. Der Begriff meint, dass Lohnerhöhungen durch die automatische Steuererhöhung netto aufgefressen werden können und deshalb unter Umständen nicht einmal die Inflation ausgleichen. Dagegen müsse etwas getan werden, darin stimme die Regierung überein, sagte Schäuble.
Der schleswig-holsteinische Regierungschef Peter-Harry Carstensen bekräftigte dagegen sein Nein. "Ein Land wie Schleswig-Holstein kann sich Steuersenkungen nicht leisten", sagte er der "Bild"-Zeitung. Auch Kompensationen durch den Bund würden daran langfristig nichts ändern. "Deshalb schließe ich eine Zustimmung Schleswig-Holsteins im Bundesrat zu Steuersenkungen aus", erklärte der CDU-Politiker.
Der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin drohte angesichts des Widerstands in Teilen von CDU und CSU mit einer Blockade des Bundeshaushalts. "Die FDP wird Entscheidungen über den Bundeshaushalt mit Steuersenkungen verknüpfen. Ohne grünes Licht für die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen wird eine Zustimmung der Liberalen zum Haushalt schwer", sagte er der Zeitung.
Milliarden neuer Schulden
Rösler sagte, bevor der Bundeshaushalt 2012 im Parlament verabschiedet werde, herrsche Klarheit über die Höhe und die Details der Entlastungen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich auch die Länder einer Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen nicht verweigern könnten. Denn wie sollten sie sonst den Menschen erklären wollen, dass sie trotz deutlich steigender Steuereinnahmen nichts an die Bürger weitergäben. Er geht nach eigenen Worten davon aus, dass sowohl die Haushaltskonsolidierung als auch eine spürbare Entlastung der Bürger zu schaffen sind.
Allerdings muss der Bund immer noch gigantische neue Schulden aufnehmen, um über die Runden zu kommen. Zwar wird die Nettokreditaufnahme in diesem und im nächsten Jahr mit weniger als 30 Milliarden beziehungsweise 27,2 Milliarden Euro voraussichtlich weit geringer ausfallen als zuletzt veranschlagt. In den Folgejahren kann Schäuble die Nettokreditaufnahme aber weniger drücken als zunächst geplant, unter anderem wegen neuer Lasten wie der Euro-Rettung.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts