Misstrauen in Wolfenbüttel Röttgen will Asse räumen lassen
12.03.2012, 13:16 Uhr
Rund 80 Atomkraftgegner empfingen Minister Röttgen vor der Asse in Wolfenbüttel.
(Foto: dapd)
Umweltminister Röttgen sagt bei seinem ersten Besuch im Atomendlager Asse das, was die Anwohner von ihm hören wollen - und verspricht die Räumung des undichten Stollens. Viele trauen ihm trotzdem nicht über den Weg. Derweil ätzen SPD und Grüne gegen den CDU-Politiker.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen will die Abfälle aus dem maroden Atomlager Asse schnellstmöglich bergen lassen. "Es muss schnellstens raus. Es arbeiten alle daran, dass es so raus kommt, dass keine Menschen gefährdet werden", sagte der CDU-Politiker vor dem ersten Asse-Besuch seiner Amtszeit in einer Diskussion mit Anwohnern. Es gebe keine Verschleppungstaktik der Politik, betonte Röttgen. Viele Anwohner empfingen ihn mit Pfiffen und Plakaten wie "Röttgen bring in Ordnung, was die Atomlobby versaut hat."
Einige Bürger unterstellten Röttgen, dass die Regierung das Lager lieber verfüllen wolle. Bisher ist ungewiss, wie lange das frühere Salzbergwerk noch stabilisiert werden kann, in das täglich 12.000 Liter Wasser eindringen. Eine Bergung würde mehrere Milliarden Euro kosten und könnte Jahrzehnte dauern.
Unter Tage ließ sich Röttgen von Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, sowohl die Anlagen für die geplanten Probebohrungen wie einen Laugensumpf vor einer der Lagerkammer zeigen, dessen Wasser radioaktiv verseucht ist. König ließ keinen Zweifel daran, dass auch ein "großer schlagartiger Wasserzutritt" nicht ausgeschlossen werden kann inklusive der Gefahr, dass die Grube absäuft. Dafür seien Notfallmaßnahmen vorbereitet worden: "Wir wissen nicht, was hinter der Wand hydrogeologisch passiert."
Kritik an spätem Besuch
Bis 1978 wurden in der Asse 126.000 Atommüllfässer abgekippt. Die Bürger in der Region kritisieren scharf, dass Röttgen erst jetzt, nach zweieinhalb Jahren im Amt, die Anlage besucht, obwohl es sich um eines der größten Umweltprobleme Deutschlands handelt. Am Sonntag hatten 25.000 Menschen in der Region mit einer Lichterkette gegen die Nutzung von Atomenergie demonstriert.
Röttgens Vorgänger, SPD-Chef Sigmar Gabriel, forderte vom Umweltminister , um schneller voranzukommen bei den Vorbereitungen für eine Bergung: "Ich hoffe, dass dies nicht nur ein Beschwichtigungsbesuch ist." Durch den Betreiberwechsel bei der Asse vor drei Jahren - seit 2009 ist das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zuständig - hatte sich Gabriel als Umweltminister selbst mit dem Problem herumgeschlagen. Unter anderem gab er ein Gutachten in Auftrag, das klären sollte, ob und wie der schwach- bis mittelradioaktive Atommüll geborgen werden könnte. Während seiner Amtszeit hatte der Niedersachse Gabriel gefordert, nach neuen Endlager in Süddeutschland zu suchen.
Neue Suche nach Endlager
Röttgen wehrte sich bei seinem Besuch der Asse gegen Verdächtigungen von SPD und Grünen, er wolle das als kritisch geltende Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zerschlagen. Für den Neustart bei einer Endlagersuche für hochradioaktiven Atommüll will Röttgen ein neues Bundesinstitut für Endlagerung gründen. Röttgen sagte, er sei zuversichtlich, das sich am Ende Bund und alle Bundesländer auf eine neue Standortsuche "mit weißer Landkarte" einigen würden. "Dafür wird das Institut geschaffen". Es gehe darum, die politischen Entscheidungen der Zukunft "wissenschaftsbasiert" vorzubereiten.
Röttgen sagte, das BfS werde auch künftig in Endlagerfragen eine wichtige Rolle spielen. "Das BfS wird nicht geschwächt und nicht zerschlagen", sagte der Minister. "Da wird nichts ausgegliedert." Das BfS werde bei der Sanierung der Asse weiter die Federführung haben.
In der Diskussion über ein Atommüll-Endlager forderte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, noch im laufenden Halbjahr ein Gesetz zur Suche nach einem solchen Lager auf den Weg zu bringen. Dafür sei ein breiter Konsens in Bundestag und Bundesrat nötig. "Wir fordern die Bundeskanzlerin auf, die Fraktionen des Bundestages zusammen mit den Ländern zu einem Gespräch einzuladen, in dem die ausstehenden Differenzen zu Gorleben, zu den Standortkriterien und zur Organisation der Endlagersuche geklärt werden."
Quelle: ntv.de, nsc/dpa