Politik

Hassfigur und Heiliger Ronald Reagan wäre 100 Jahre

Ronald Reagan brachte den Amerikanern niedrige Steuern und ein riesengroßes Haushaltsdefizit (Archivbild vom vom 28.01.1986).

Ronald Reagan brachte den Amerikanern niedrige Steuern und ein riesengroßes Haushaltsdefizit (Archivbild vom vom 28.01.1986).

(Foto: dapd)

In den USA gilt er als einer der größten Präsidenten, während er in Europa eher als ein Betriebsunfall im Weißen Haus angesehen wird. An Ronald Reagan scheiden sich die Geister. Doch in einem sind sich alle einig: Er hat die USA nachhaltig verändert.

Ein Hollywood-Schauspieler im Weißen Haus? Ronald Reagan, der Westernheld der 1950er Jahre, als Präsident der Weltmacht USA? In seiner Amtszeit zwischen 1981 und 1989 zog Reagan zugleich Verachtung, Verehrung und Verwunderung auf sich wie kaum ein anderer Staatsmann. An diesem Präsidenten schieden sich die Geister. Die Kontroversen sind inzwischen abgeflaut, das Urteil der Nachwelt fällt milder aus. Vor seinem 100. Geburtstag am 6. Februar häufen sich in den USA die Ehrbezeugungen. Vielen Amerikanern gilt er inzwischen als einer der ganz großen Präsidenten.

Ob positiv oder negativ - Ronald Reagan schürt in jedem Fall Emotionen. Für Kritiker gerade auf der europäischen Seite des Atlantiks ist er ein notorisch kalter Krieger, ein minderbegabter Schauspieler, dessen Einzug ins Weiße Haus nur ein historischer Betriebsunfall gewesen sein konnte. Für seine vielen Bewunderer gerade in den USA ist er ein konservativer Revolutionär, der das Land aus einer Phase des Niedergangs befreit und zu neuer Größe geführt hat. Einig sind sich Bewunderer wie Gegner, dass Reagan das Land nachhaltig verändert hat.

Sankt Ronald verändert die ganze Welt

Am 20. Januar 1981 wird Ronald Reagan ins Amt des US-Präsidenten gehoben.

Am 20. Januar 1981 wird Ronald Reagan ins Amt des US-Präsidenten gehoben.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Unter Reagans Präsidentschaft wurden Sozialleistungen gekürzt, Steuern gesenkt und Rüstungsausgaben gesteigert. Mit seinem Eintreten gegen die Abtreibung band er religiöse Wähler an die Republikaner. Die USA schlugen einen konservativen Kurs ein, den sie bis heute nicht verlassen haben. Reagans Erfolg zwang selbst die gegnerischen Demokraten zu einem Schwenk nach rechts. In seine Amtszeit fiel zudem der Anfang vom Ende des Kalten Kriegs. Zum Abschied aus dem Amt stellte sich Reagan, zu dessen Tugenden die Bescheidenheit nicht zählte, ein strahlendes Zeugnis aus: "Wir waren angetreten, ein Land zu verändern, und wir haben die Welt verändert."

Die Konservativen haben Reagan längst zum Heiligen erhoben, zum Sankt Ronald aus dem Weißen Haus. Kaum ein Republikaner, der sich heute nicht als Erbe des 40. Präsidenten versteht, der die USA mit religiösem Pathos zur "strahlenden Stadt auf dem Hügel" verklärte. "Diese Stadt strahlte nie heller als unter der Führung von Ronald Reagan, der Tugenden wie Mut, Umsicht, Fairness und Klugheit verkörperte", urteilt Lee Edwards vom Heritage-Institut in Washington, das sich Reagans intellektuellem Erbe verpflichtet fühlt.

Reagan befreit Bürger von staatlichen Bürden

Einst Schauspieler: der junge Reagan.

Einst Schauspieler: der junge Reagan.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Reagan-Verehrer wie das Heritage-Institut deuten das zweischneidige Erbe des 40. US-Präsidenten positiv um. Dass Reagan die Steuern radikal zusammenstrich und so ein Rekorddefizit im Staatshaushalt hinterließ, ist für Edwards "eine Befreiung der Bürger von staatlichen Bürden". Dass unter Reagan der Iran-Contra-Skandal losbrach, bei dem es um Waffengeschäfte mit dem Iran und illegale US-Hilfen an die rechten Contra-Rebellen in Nicaragua ging, ist für den Konservativen ein Beleg für "Reagans Hilfe für antikommunistische Kräfte der Freiheit".

Viele Bürger teilen diese positive Einschätzung über den Mann, der es als Sohn eines Schuhverkäufers aus kleinen Verhältnissen erst zum Hollywood-Darsteller, dann zum Gouverneur von Kalifornien und schließlich zum Präsidenten brachte. In einer Gallup-Umfrage stufte kürzlich ein Drittel der Befragten Reagan als "herausragenden Präsidenten" ein. Unter den Nachkriegspräsidenten schneidet nur John F. Kennedy besser ab.

Kein großer Präsident, aber ein großer Amerikaner

Distanziertere Beobachter warnen vor einem unkritischen Reagan-Kult. Der Journalist Lou Cannon kommt in seiner Reagan-Biographie zu dem Schluss: "Er war vielleicht kein großer Präsident, aber er war ein großer Amerikaner, der eine mitreißende Vision seines Landes vermitteln konnte." Nach einer Reihe glanzloser Präsidenten - Nixon, Ford, Carter - habe Reagan den Optimismus zurück in ein Land gebracht, das sich durch die Niederlage in Vietnam, die Wirtschaftskrise und das Geiseldrama in der Teheraner US-Botschaft im Niedergang wähnte. Reagan starb 2004 mit 93 Jahren. Sein Alzheimer-Leiden hatte ihm da längst jede Erinnerung an seine Zeit als Präsident geraubt.

Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, AFP

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