Politik

Neues Kapitel in Landespolitik Rot-rot-grüne Runde in Erfurt

Ramelow (r) will mit Blick auf eine mögliche Koalition aus Linken, SPD und Grünen auf das Regierungsamt verzichten. Matschie würde es machen; das wollen die Linken aber nicht.

Ramelow (r) will mit Blick auf eine mögliche Koalition aus Linken, SPD und Grünen auf das Regierungsamt verzichten. Matschie würde es machen; das wollen die Linken aber nicht.

(Foto: dpa)

In Thüringen haben sich Linkspartei, SPD und Grüne erstmals zu einem Sondierungsgespräch getroffen, um die Chancen für ein Dreierbündnis auszuloten. Die Sondierungen für eine mögliche rot-rot-grüne Koalition sollen in der nächsten Woche abgeschlossen werden, erklärten Vertreter der drei Parteien nach dem Treffen in Erfurt. "Alle Seiten haben ein großes Interesse zueinander zu kommen, aber das ist nicht ganz einfach", sagte SPD-Landeschef Christoph Matschie.

Die SPD will bald nach der Bundestagswahl eine Vorentscheidung über die künftige Thüringer Regierung fällen. Nach dem Treffen mit dem linken Lager kam die SPD zum dritten Sondierungsgespräch mit der CDU zusammen.

Verständigung auf "Gleichberechtigung"

Grünen-Landesvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich will nicht Mehrheitsbeschafferin für Linke und SPD sein, sondern gleichberechtigte Partnerin.

Grünen-Landesvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich will nicht Mehrheitsbeschafferin für Linke und SPD sein, sondern gleichberechtigte Partnerin.

(Foto: AP)

Die drei linken - ungleich großen - Parteien hätten sich darauf verständigt, dass sie "gleichberechtigt über inhaltliche und personelle Fragen entscheiden", sagte Matschie. Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow erklärte, Ziel sei weiterhin, die CDU nach 19 Jahren an der Regierung in die Opposition zu schicken. Zudem könne in Thüringen eine neue politische Kultur eingeübt werden, so Ramelow: "Das ist die Chance, ein neues Kapitel in der deutschen Landespolitik zu eröffnen. Die Zeit der Zwei-Parteien-Koalitionen ist vorbei." 

Intensive Gespräche in nächsten Tagen

In den kommenden Tagen wollen SPD, Linke und Grüne intensiv zu inhaltlichen Themen verhandeln. "Wenn es so offen und konstruktiv weitergeht, können wir zu einem guten Ergebnis kommen", sagte Matschie. Grüne-Vertreterin und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich dagegen zurückhaltend: "Die Skepsis ist nicht kleiner geworden."

Am Mittwoch und Freitag sind laut Matschie zwei weitere Gesprächsrunden geplant zu den Themen Bildung, Soziales, Kultur sowie Wirtschaft, Finanzen und Umwelt. Damit könnten beide Sondierungsrunden Ende der Woche auf den gleichen Stand gebracht werden. Mit der CDU sei bereits über Bildung beraten worden, nun stehe das Thema Wirtschaft auf dem Programm. Mitte kommender Woche werde noch über Innen- und Europapolitik gesprochen. Dann könne die Entscheidung über Koalitionsverhandlungen fallen.

Knackpunkt DDR-Vergangenheit

Als großes Hindernis bezeichneten die Grünen als Bürgerrechtspartei den Umgang der Linken mit ihrer SED-Vergangenheit. Ramelow sagte zu, dass sich seine Partei dieser, teilweise sehr emotional aufgeladenen Debatte stellen werde. Als erstes Zugeständnis wurde gewertet, dass die Abgeordnete Ina Leukefeld nicht zum Sondierungsgespräch erschien. Sie hatte in der DDR für die Stasi-nahe Sonderabteilung "K1" der Polizei gearbeitet.

Vor dem Treffen hatte Matschie seine Kritik an Ramelows öffentlichem Auftreten in den vergangenen Tagen erneuert. "Wer draußen zu viel redet, hat drinnen nichts zu sagen." Die Linke solle akzeptieren, dass Personalien wie die Frage, wer Ministerpräsident wird, erst nach den Sachthemen geklärt werden.

Zentrale zügelt Ramelow

Ramelow nach den Sondierungsgesprächen mit SPD und Grünen. In dem Dreier-Bündnis ist die Linkspartei die stärkste Kraft.

Ramelow nach den Sondierungsgesprächen mit SPD und Grünen. In dem Dreier-Bündnis ist die Linkspartei die stärkste Kraft.

(Foto: dpa)

Linken-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch riet Ramelow zu mehr Ruhe bei den Sondierungsgesprächen mit SPD und Grünen. "Ganz zum Schluss kommt die Entscheidung über das Personal." Er rate auch Ramelow, keine neuen "Personalideen" zu unterbreiten, sagte Bartsch in Berlin. "Meine Position ist ganz klar, nämlich, dass die Linke den Ministerpräsidenten stellt", sagte Bartsch. "Ich kenne auch keine andere Beschlusslage der Linken in Thüringen." Für ihn stehe auch fest, dass SPD-Landeschef Matschie nicht Ministerpräsident werde. "Aber ich will aus Berlin nicht weiter Öl ins Feuer gießen", sagte Bartsch.

Ramelow hatte in der Bundesspitze mit seinem Vorschlag für Aufregung gesorgt, trotz der Position der Linken als stärkste Kraft in einer möglichen rot-rot-grünen Koalition auf den Posten des Ministerpräsidenten zu verzichten. Stattdessen könnten sich Linke, SPD und Grüne gemeinsam auf eine Frau für das Ministerpräsidentenamt verständigen, hatte er gesagt. Dabei sei es nicht wichtig, ob der gemeinsame Kandidat für das Ministerpräsidentenamt aus den Reihen der drei Parteien komme.

SPD und Linkspartei hatten vereinbart, die Grünen in ihre Gespräche einzubinden, weil die Parteien nur so eine stabile Regierungsmehrheit erreichen können. Ohne die Grünen hätten SPD und Linke im Landtag nur eine knappe Mehrheit von einer Stimme.

Zusätzliches Gespräch mit CDU

SPD-Landeschef Christoph Matschie sondiert auch mit der CDU: Sozialministerin Christine Lieberknecht ist die mögliche CDU-Kandidatin für den Regierungssessel.

SPD-Landeschef Christoph Matschie sondiert auch mit der CDU: Sozialministerin Christine Lieberknecht ist die mögliche CDU-Kandidatin für den Regierungssessel.

(Foto: AP)

Unterdessen verständigten sich CDU und SPD auf ein zusätzliches Sondierungsgespräch an diesem Donnerstag. Die Verhandlungsführer von CDU und SPD, Birgit Diezel und Christoph Matschie, berichteten erneut von konstruktiven Gesprächen.

Es gebe Unterschiede in verschiedenen Positionen, es werde jedoch um Lösungen gerungen. Beim Thema Mindestlöhne habe es eine Annäherung gegeben, sagte ein SPD-Sprecher.

Quelle: ntv.de, dpa

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